16.04.2013, 17:13 Uhr

Greenpeace und Braunkohle-Verband streiten um Kohlestudie

Köln/Berlin/Hamburg – Der Bundesverband Braunkohle (DEBRIV) und die Umweltorganisation Greenpeace liefern sich einen Schlagabtausch über eine Greenpeace-Studie zu den Gesundheitsgefahren durch Kohlekraftwerke. Nach der Studie von der Universität Stuttgart sollen etwa 3.100 vorzeitige Todesfälle in Deutschland und Europa jährlich auf das Konto deutscher Kohlekraftwerke gehen. Für den DEBRIV ist diese Studie ein Beispiel für Desinformation und damit ein klassisches, aber unlauteres Mittel der Politikbeeinflussung. Mit Bezug auf statistische Modelle aus der Risikoforschung konstruiere Greenpeace aus diffusen Risiken konkrete Todesfälle, die vermeintlich aus Feinstaubemissionen deutscher Kohlenkraftwerke resultierten. DEBRIV sieht darin eine gezielte Desinformation, mit der Ängste geschürt werden sollen.

Ableitung von Todesfällen durch Greenpeace irreführend

Der entscheidende Trugschluss in der Argumentation von Greenpeace beruhe darauf, dass der Unterschied zwischen einem theoretisch ermittelbaren und einem faktisch vorhandenen Risiko verschwiegen wird. Der aus der Technikfolgeabschätzung stammende Ansatz, Gesundheitsrisiken durch Staubbelastungen über verlorene Lebenszeit zu bewerten, werde von Greenpeace hinsichtlich seiner konkreten Aussagen und Interpretationsmöglichkeiten offensichtlich bewusst überdehnt. Das mache einen Vergleich zwischen der von Greenpeace beauftragten Studie der Universität Stuttgart und der Greenpeace-Publikation deutlich, so der DEBRIV. Aus Emissionen, die innerhalb der zivilisatorischen Belastungen und Gesundheitsrisiken eher von nachrangiger Bedeutung sind, leitet Greenpeace Todesfälle ab, die in einem weiteren Schritt sogar einzelnen Anlagen und Unternehmen zugeschrieben würden. Dies sei irreführend, weil kein kausaler Zusammenhang zwischen Emissionen und großräumiger Luftqualität zu konkreten Todesfällen bestehe. In der Greenpeace-Publikation wird völlig ausgeblendet, dass sich die Luftqualität in den vergangenen Jahrzehnten in Deutschland maßgeblich verbessert habe. Dazu hätten auch die Kohlenkraftwerke beigetragen, die alle Emissionen sehr deutlich reduziert und beispielsweise an den Feinstaubemissionen nur noch einen Anteil von deutlich weniger als 10 Prozent haben.

Greenpeace: Gesundheitsschäden nicht durch primäre, sondern sekundäre Feinstäube

Greenpeace reagiert seinerseits umgehend auf diese Kritik und weist die Vorwürfe des Bundesverbands Braunkohle als haltlos zurück. Der Lobbyverband unterschlage in seiner Stellungnahme, dass die größten Gesundheitsschäden nicht durch primäre, sondern durch sekundäre Feinstäube entstehen. "Die Braunkohle-Lobby verleugnet die unbequeme Wahrheit: Kohlekraftwerke führen zu einer erhöhten Sterblichkeit", sagt Gerald Neubauer, Energie-Experte von Greenpeace. Dieses belege klar die von Greenpeace vorgelegte Studie der Universität Stuttgart. Nach der wissenschaftlichen Untersuchung bilden sich sekundäre Feinstäube in der Atmosphäre aus Schwefeldioxid- und Stickoxidemissionen aus den Kohleschloten, indem sie mit dem in der Landwirtschaft ausgestoßenen Ammoniak reagieren. Kohlekraftwerke haben einen Anteil von 37 Prozent an den deutschen Schwefeldioxid-Emissionen und 15 Prozent an den Stickoxid-Emissionen. Sie tragen somit erheblich zur Feinstaubproblematik bei. Die gesundheitlichen Folgen von Feinstaub sind wissenschaftlich unumstritten. Im Gesamtergebnis tragen die sekundären Feinstäube erheblich stärker zur Gesundheitsbelastung der Menschen bei als die von der DEBRIV angeführten primären Feinstäube.

Wirbel um Greenpeace-Studie zu Kohlekraftwerken


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