03.07.2013, 16:35 Uhr

Emissionshandel: EU-Parlament stimmt nun doch für Backloading

Straßburg / Brüssel - Das EU-Parlament hat nun doch einer vorübergehenden Verknappung von CO2-Zertifikaten zugestimmt. Die EU-Abgeordneten haben mit einer knappen Mehrheit einen Reformvorschlag verabschiedet, nach dem maximal 900 Millionen Zertifikate dem Europäischen Emissionshandelssystem (EHS) zunächst vorenthalten werden. Dadurch soll der Preis der Emissionsrechte steigen und der Ausstoß von Kohlendioxid verteuert werden. In der Folge soll die Maßnahme zusätzliche Anreize für klimafreundliche Investitionen schaffen. Die Entscheidung muss jetzt noch die Zustimmung der EU-Mitgliedsstaaten bekommen. In einem ersten Anlauf im April 2013 wurde das Backloading von den EU-Parlamentariern zunächst abgelehnt. In dem überarbeiteten Vorschlag, dem das Parlament nun zugestimmt hat, ist geregelt, dass es sich um einen einmaligen Vorgang handeln soll und dass die Zertifikate nicht endgültig aus dem Handelssystem bleiben, sondern nur vorübergehend.

Rösler und Altmaier unverändert uneins

Berichterstatter und Sozialdemokrat Matthias Groote erklärte, dass das Parlament nun die Vorschläge unterstütze. Deshalb habe man jetzt ein Mandat, mit dem man sobald wie möglich in die Verhandlungen mit den EU-Ministern gehen könne, um eine Einigung zu finden. Groote weiter: "Die ganze Welt schaut auf die Erfahrungen Europas mit seinem marktwirtschaftlichen System zur Verringerung der CO2-Emissionen, das als glaubwürdige Initiative betrachtet wird, wie zuletzt in China. Wir werden nicht zulassen, dass das EHS kurzfristigen Erwägungen zum Opfer fällt. Mit der Strukturreform unseres EHS wird gewährleistet, dass es weiterhin ein Eckpfeiler der EU-Klimapolitik bleibt." Innerhalb der Bundesregierung herrscht nach wie vor keine einheitliche Meinung zu diesem Thema. Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) nannte die heutige Entscheidung in einem Twitter-Kommentar "bedauerlich". Die Twitter-Nachricht von Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) hingegen könnte nicht gegensätzlicher ausfallen: "Good News from Brussels: backloading adopted, Climate protection encouraged!"

Zustimmung aus verschiedenen Lagern

Die deutsche Energiewrtschaft erkennt die Notwendigkeit eines solchen Eingriffes an. Grundsätzlich sei ein einmaliger Eingriff in den Emissionshandel notwendig geworden, da von diesem derzeit nicht die notwendigen Investitionsanreize für zukunftsgerichtete Technologien und Verfahren ausgingen, so der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). So würden niedrige CO2-Preise keinerlei Lenkungseffekt in CO2-arme und hocheffiziente Technologien erzielen. Hildegard Müller, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung: "Es ist erfreulich, dass die Abgeordneten des Europäischen Parlaments für den Kompromissvorschlag zum Backloading gestimmt haben. Damit wird der Weg für eine umfassende Reform des Emissionshandels geebnet."

Hauptgeschäftsführer Hans-Joachim Reck von dem Verband kommunaler Unternehmen (VKU) findet ebenso Gefallen an dem Beschluss: "Der europäische Zertifikatehandel ist das wichtigste Instrument für den Klimaschutz in der europäischen Union. Gut, dass sich das EU-Parlament dafür ausgesprochen hat, das System neu zu beleben, damit es ökologische Lenkungseffekte erzielen kann."

Eberhard Brandes, Vorstand des WWF Deutschland, begrüßt die Abstimmung zur Reformfordert aber gleichzeitig: "Wenn Europa eine Klimaschutzstrategie verfolgen will, die diesen Namen verdient, muss der Emissionshandel grundlegend saniert werden. Die heutige Entscheidung im Europaparlament hat nur symbolischen Charakter. Sie wird keinen signifikanten Einfluss auf den CO2-Preis ausüben."


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