14.08.2013, 11:24 Uhr

Umwelthilfe: EEG-Ausnahmen kosten Verbraucher über sieben Mrd. Euro

Berlin - Die Kosten für die Ausnahmen von der EEG-Umlage laufen laut einer Analyse der Deutschen Umwelthilfe (DUH) aus dem Ruder. Nach 2,7 Mrd. Euro im Jahr 2012 und fast fünf Mrd. im laufenden Jahr, können die von der Industrie eingesparten Stromkosten 2014 schon deutlich über die Sieben-Milliarden-Euro-Marke steigen.

Dies würde der Fall, wenn die bei der zuständigen Bundesanstalt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) beantragten Befreiungen von der Umlage allesamt genehmigt würden, teilte die DUH am Mittwoch mit. Demnach würden 2014 bei einer nationalen Bruttostromerzeugung von insgesamt etwa 600 Terawattstunden (TWh) schon 120 TWh privilegiert. Dabei sei die Befreiung von der Ökostrom-Umlage laut DUH nur ein Baustein in einem opulenten Privilegierungsgebäude, mit dem die Bundesregierung die energieintensive Industrie angeblich vor Wettbewerbsnachteilen schützen wolle und das die Stromverbraucher und Steuerzahler weit über zehn Mrd. Euro pro Jahr kostet.

DUH: Verlust von Wettbewerbsfähigkeit nicht erkennbar

"Die Bundesregierung hat in ihrer Industrie-Förderpolitik jedes Maß verloren ", sagte DUH-Geschäftsführer Michael Spielmann laut Mitteilung. Die Entlastungen der Industrie auf Kosten aller anderen Stromverbraucher müssten weit zurückgefahren und insbesondere "in jedem Einzelfall davon abhängig gemacht werden, dass Unternehmen, die entlastet werden wollen, eigene Beiträge zur Energiewende, zum Beispiel durch Umsetzung von Effizienz- und Energiesparmaßnahmen im eigenen Betrieb nachweisen."

Spielmann wies darauf hin, dass es für die von Teilen der Wirtschaft und den Gegnern der Energiewende im Regierungslager behauptete Bedrohung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Betriebe durch die Energiewende "keinen einzigen volkswirtschaftlich tragfähigen Hinweis" gebe. Der Handelsüberschuss aus diesem angeblich unter hohen Industriestrompreisen ächzenden Land habe im vergangenen Jahr mit 188 Milliarden Euro und über sieben Prozent des BIP den zweithöchsten Wert seit 1950 erreicht und werde dieses Jahr weiter wachsen.

Jürgen Quentin, Projektleiter Klimaschutz und Energiewende der DUH, erläuterte, dass "wegen der umfassenden Fürsorge, mit der sich die Bundesregierung den energieintensiven Betrieben in den vergangenen Jahren gewidmet hat, deren Wettbewerbsfähigkeit auf den internationalen Märkten zu- und nicht abgenommen hat". Für das "dauernde Gerede von der Deindustrialisierung Deutschlands" gebe es auf der Faktenebene keinerlei Begründung. Im Gegensatz zu den Strompreisen der privaten Verbraucher seien die der privilegierten Wirtschaft gleich geblieben oder gesunken, während Detailanalysen zeigten, dass in den meisten EU-Ländern ein Anstieg zu verzeichnen sei.

Industriestrompreise sinken

"Deutschland liegt seit Jahrzehnten bei den Industriestrompreisen EU-weit im oberen Drittel, aber seit den Energiewendebeschlüssen gibt es im Wesentlichen nur eine Richtung. Nach unten." Das zeige beispielsweis der Strompreisindex des Verbands Industrieller Energie- und Kraftwirtschaft (VIK), der seit zwei Jahren sinke und derzeit exakt das Niveau des Jahres 2005 aufweise. "Es ist schon merkwürdig: Während der VIK-Strompreisindex monatlich sinkt, jammert der Verband, der ihn erstellt, fast wöchentlich über zu hohe Strompreise."

Selbst von der angeblichen Bedrohung durch die wegen Schiefergas-Boom und billigem Strom wieder erwachende Wirtschaftsmacht USA bleibe nach einer genaueren Analyse der dortigen Großhandelspreise für Strom wenig übrig. Zwar seien die Strompreise in den USA traditionell niedriger als hierzulande. Weil sie aber in jüngster Zeit im Mittel nicht stärker gesunken seien als die privilegierten Industriestrompreise in Deutschland, gebe es keine Verschiebung der Wettbewerbsfähigkeit, die irgendjemanden ängstigen müsse. Quentin erinnerte daran, "dass die Kehrseite des günstigeren Stroms in vielen Regionen der USA von jeher der beklagenswerte Zustand der dortigen Stromnetze ist." Wenn in Deutschland der Strom pro Jahr durchschnittlich 15 Minuten ausfalle und in den USA zehn- bis dreißigmal so lange, so sei auch dies ein (Kosten-)Faktor, der bei der Standortwahl von Unternehmen eine Rolle spiele.

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