15.08.2013, 18:01 Uhr

Hausgemachte Probleme: Sinkende Strompreise und die Abschalt-Drohungen der Stromversorger

Münster – Bei den Präsentationen der Quartalszahlen von RWE und Eon war das inzwischen alte Mantra wieder da: Angesichts der sinkenden Börsenstrompreise sollen Kraftwerke abgeschaltet werden, sogar die Atommeiler könnten vorzeitig in Rente geschickt werden. Dabei haben sich die Stromversorger das Problem selbst zuzuschreiben .

Sinkende Strompreise an der Börse drücken auf die Margen

Die großen Versorger haben es in diesen Tagen offensichtlich nicht leicht. Die Energieversorger Eon und RWE mussten sinkende Gewinne verkünden, die allerdings immer noch im hohen Milliarden Eurobereich liegen. Die Sparten mit den konventionellen Stromerzeugungskapazitäten stehen allerdings unter besonderem Druck: Braun- und Steinkohlekraftwerke stecken nach Angaben der Versorger in einer Krise, ihr Betrieb rechne sich nicht mehr angesichts des sinkenden Börsenstrompreises, erklärte etwa RWE-Chef Peter Terium. Die Folge: in Essen plant man die Stilllegung von 7.000 Megawatt (MW) Kraftwerksleistung – ob vorübergehend oder endgültig, ist offen. Eon will sogar 11.000 MW vom Netz nehmen. Der schwedische Energiekonzern Vattenfall, so ist immer wieder zu hören, denkt angeblich sogar über einen Rückzug aus Deutschland nach. Als wäre das noch nicht genug, will die „Welt“ erfahren haben, dass die deutschen Atomkraftwerke schon früher eingemottet werden könnten.

Das Eigentor: Energiewirtschaft forderte EEG-Stromvermarktung über die Börse von der Politik

Weil der Ökostromanteil steigt und dieser über die Börse vermarktet wird, sinken die Preise an der Börse. Das sinkende Preissignal am Spotmarkt, an dem der EEG-Strom vermarktet wird, wirkt sich auch auf den Terminmarkt immer deutliche aus. Hier können sich die Großabnehmer schon heute für die nächsten Jahre mit Strom eindecken. Die sinkenden Strompreise an der Börse sind der Energiewirtschaft daher zunehmend ein Dorn im Auge: “Insbesondere das europäische Kraftwerksgeschäft leidet weiter unter geringer Auslastung der Anlagen und zu niedrigen Großhandelspreisen in Folge der europäischen Wirtschaftskrise sowie weitreichender politischer und regulatorischer Eingriffe“, formulierte es Eon in der Mitteilung zu den Geschäftszahlen. RWE sekundierte: „Angesichts des ungebrochenen Solarbooms rechnet sich branchen- und europaweit der Betrieb vieler Kraftwerke nicht mehr.“

Wenn jetzt die Stromversorger über die schwierige Marktsituation und die niedrigen Strompreise klagen, dann wird vergessen, dass die Energiewirtschaft es selbst war, die den Verkauf des EEG-Stroms über die Börse angestrengt und gefordert hat. Diesen EEG-Umverteilungsmechanismus über die Strombörse (sog. Ausgleichsmechanismus) hat die schwarz-gelbe Bundesregierung auf Druck des Verbandes der Energiewirtschaft BDEW im Jahr 2010 eingeführt. Seidem der EEG-Strom über die Börse verkauft wird, steigt die Umlage überproportional an (Grafik: Entwicklung der EEG-Umlage vor und nach der Vermarktung über die Börse) und sinken die Strompreise überproportioanl auf das Strom-Preisniveau von vor 10 Jahren (Grafik: Entwicklung der Strompreise an der Börse). Aus heutiger Sicht war die damalige Forderung der Energiewirtschaft ein klassisches Eigentor.

Worum es bei der Abschalt-Drohung der Stromversorger wirklich geht

Paradox: EEG-Umlage steigt selbst bei Ausbaustopp erneuerbarer Energien


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