14.04.2014, 11:23 Uhr

Weltklimarat schlägt neue Töne an und sieht erneuerbare Energien als Ausweg

Berlin – Das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) oder Weltklimarat hat den dritten Berichtsteil des sogenannten fünften Sachstandsberichts vorgelegt. In diesem Teil geht es um die Maßnahmen zur Minderung des Klimawandels unter verschiedenen Aspekten. Dabei klingt der Appell an die Politik anders als bislang.

Zwar bleiben die Fakten hinsichtlich des Klimawandels und der zu erwartenden Folgen inhaltlich unverändert dringlich, doch die Botschaften und Appelle klingen weniger drängend und fordernd als bisher. Vielmehr werden den Regierungen sachlich Lösungswege aufgezeigt. Einer der Lösungswege ist dabei mit regenerativen Energien gepflastert.

Zwei-Grad-Obergrenze möglich - Tiefgreifender Wandel notwendig

In dem dritten Teilbericht, an dem über 230 Autoren aus knapp 60 Ländern gearbeitet haben, heißt es, dass die weltweiten Treibhausgas-Emissionen (THG) trotz Klimaschutzanstrengungen durch Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum mit zunehmender Geschwindigkeit angestiegen sind. Sie hätten in dieser Dekade einen Höchststand erreicht. Aber die Einhaltung der Zwei-Grad-Obergrenze sei möglich. Allerdings sei damit ein tiefgreifender Wandel von Gesellschaft und Wirtschaft verbunden. Die Verzögerung weiterer globaler Maßnahmen zum Klimaschutz würde zudem die Einhaltung der Zwei-Grad-Obergrenze erschweren und die Handlungsmöglichkeiten reduzieren. Je weniger die Emissionen bis 2030 reduziert werden, desto schneller müssten die Emissionen zwischen 2030 und 2050 sinken. Besondere Bedeutung kommt nach Auffassung des IPCC den Klimaschutzmaßnahmen im Energiesektor zu, da dies die größte Emissionsquelle von Treibhausgasen sei. Erneuerbare Energieträger hätten sich hinsichtlich Leistung und Wirtschaftlichkeit substanziell weiterentwickelt und sind für die zukünftige kohlenstoffarme Energieversorgung unverzichtbar. Zudem könne der Ersatz von Kohlekraftwerken durch moderne Gaskraftwerke oder die Kraft-Wärme-Kopplung kurzfristig Treibhausgas-Emissionen vermindern.

Edenhofer: Alarmismus kein gangbarer Weg

Co-Vorsitzender der Arbeitsgruppe für den dritten Berichtsteil ist Professor Ottmar Edenhofer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Er erklärte im rbb-Inforadio: "Ich glaube, dass Alarmismus kein gangbarer Weg ist. Alarmismus führt am Ende dazu, dass eine gewisse Lähmung eintritt. Wenn wir das Zwei-Grad-Ziel erreichen wollen, dann ist das eine gewaltige Herausforderung. Auf der einen Seite ist es absolut wichtig, dass wir jetzt etwas tun. Es ist aber noch die Zeit da, es in einer Art und Weise zu tun, die sozial und wirtschaftlich verträglich ist." In der Vergangenheit klangen die Appelle und Botschaften an die Regierungen dieser Welt deutlich dramatischer. Doch offenbar hat der IPCC festgestellt, mit dieser Rhetorik nicht genug erreicht zu haben.

Deutschland als Beispiel für ein Industrieland, in dem Klimaschutz funktioniert

Auch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sieht den zentralen Schlüssel für mehr Klimaschutz in einem grundlegenden Umbau der Energieversorgung. Nötig sei eine globale Energiewende mit erneuerbaren Energien, Energie- und Ressourceneffizienz. Hendricks: "Wir müssen jetzt alles daran setzen, im Klimaschutz beherzt voran zu gehen. Deutschland kann dabei eine wichtige Rolle spielen, wenn wir der Welt am praktischen Beispiel zeigen, dass Klimaschutz in einem Industrieland funktioniert. Auf nationaler Ebene wollen wir nun in allen Bereichen nach den effizientesten Lösungen für den Klimaschutz suchen, um unsere ehrgeizigen Ziele zu erreichen.“ Auf internationaler Ebene sei es zudem wichtig, dass in diesem und nächsten Jahr die Weichen für ein verbindliches, weltweites Abkommen für die Zeit nach 2020 gestellt werden, so Hendricks.

CERINA-Plan: Ein internationales Investitionsmodell für den Klimaschutz

Die Betonung der Investitionen im Gegensatz zur Festlegung von Emissions-Obergrenzen schlägt das IWR im Rahmen des CERINA-Plans (CO2 Emissions and Renewable Investment Action Plan) bereits seit dem Jahr 2009 vor. Der nun vom Weltklimarat eingeschlagene Paradigmenwechsel bestätigt den internationalen Investitionsansatz für regenerative Energien als alternatives Klimaschutz-Instrument. Der CERINA-Plan unterscheidet sich vom Begrenzungs- bzw. Bestrafungsansatz nach dem Kyoto-Protokoll. Nicht die CO2-Begrenzung in den einzelnen Staaten steht im Vordergrund, sondern die Investitionen in klimafreundliche Techniken.

Viele Staaten haben den Kyoto-Ansatz abgelehnt, weil sie um ihre wirtschaftliche Entwicklung und Interessen fürchten. Im Ergebnis konnte der weltweite CO2-Ausstoß in den letzten Jahren nicht nur nicht reduziert werden, sondern ist sogar immer weiter angestiegen. Im Gegensatz dazu setzt der CERINA-Plan auf Investitionen. Das Grundprinzip ist die Kopplung von CO2-Emissionen der Staaten an die Höhe von Investitionen in erneuerbare Energien: Je höher die Emissionen eines Landes, desto höher die Investitionen. Das IWR hat die Höhe der Investitionen für 65 Länder berechnet, die notwendig sind, den weiteren globalen CO2-Anstieg zu stoppen. Im Vergleich zu den berechneten Investitionen werden auch die tatsächlichen Investitionen in erneuerbare Energien aufgelistet (zur Investitions-Ranking der 65 Staaten)

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Alternative zum internationalen Klimaschutz: CERINA-Plan


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