08.10.2014, 11:50 Uhr

EU-Kommission nickt Milliarden-Subventionen für AKW Hinkley Point C in England ab

Brüssel – Die Europäische Kommission hat soeben die umstrittenen Milliarden-Subventionen für das Atomkraftwerk Hinkley Point C in England genehmigt. Somit folgt die Europäische Kommission der Empfehlung von Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia. Österreich will jetzt vor dem EuGH klagen. IWR Online hat erste Stimmen gesammelt.

Zur Begründung der beihilferechtlichen Genehmigung der Subventionen für das Atomkraftwerk Hinkley Point C verweist die EU-Kommission auf ein "echtes Marktversagen". Im Verlauf der Untersuchung hätten die britischen Behörden nachweisen können, dass mit der Beihilfemaßnahme ein derartiges Marktversagen behoben werden könne. Anfängliche Zweifel der Kommission, wie in dem 70 seitigen EU-Prüfbericht vom Dezember 2013 zuvor dargelegt, hätten durch die Briten nachträglich "ausgeräumt werden können".

Greenpeace kann es nicht fassen

Greenpeace: "Es gibt absolut keine rechtliche, moralische und umweltspezifische Rechtfertigung, Steuergelder dafür zu verwenden, die gefährlichste und teuerste Energiequelle zu subventionieren. Alle Hoffnungen der europäischen Atomkraftgegner ruhen nun auf Österreich. Die Bundesregierung muss die Verhinderung von Atomsubventionen nun zur Priorität erklären", fordert Julia Kerschbaumsteiner, Energiesprecherin von Greenpeace.

Österreichische Bundesregierung klagt vor dem Europäischen Gerichtshof

Die Bundesregierung in Österreich will die Entscheidung anfechten. "Wir werden die Entscheidung, Subventionen für Atomstrom zu genehmigen, nicht akzeptieren. Wie angekündigt, werden wir eine Klage beim Europäischen Gerichtshof vorbereiten und einbringen", erklärten Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner im Kurier. Für Österreich sei klar, dass alternative Energieformen förderungswürdig seien, nicht aber die Atomenergie.

Österreich hatte in einer umfangreichen Stellungnahme zum britischen Atomkraftwerk gegenüber der EU-Kommission dargelegt, dass Betriebsbeihilfen nur bei einem "vorübergehenden Marktversagen" zulässig sind, was angesichts einer geplanten Bauzeit des AKW Hinkley Point C von 10 Jahren nicht zutreffen würde. Eine Dauersubventionierung einer ausgereiften, aber unrentablen Technologie wie die der Kernenergie ist mit Art. 107 AEUV unvereinbar, so die Österreicher.

Elisabeth Köstinger (ÖVP), österreichische Abgeordnete im Europäischen Parlament, erklärte zudem via Twitter: „Die Entscheidung zu Staatsbeihilfen für d. Kernkraftwerk HinkleyPoint ist ein unfassbarer Rückschlag für eine zukunftsfähige Umweltpolitik!“

EWS Schönau denkt über Klagefonds nach

Der Ökostrom-Anbieter Elektrizitätswerke Schönau (EWS) betont, dass die genehmigten Beihilfen neue Rekordmarken in der europäischen Subventionspolitik setzen und zeigen deutlich, welche absurden Blüten die Unwirtschaftlichkeit der Atomenergie treibt.

Der Stromversorger hat die EU-Kommissare und die Bundeskanzlerin in einem offenen Brief aufgefordert, sich gegen die Subventionen einzusetzen, die dem Betreiber schon zu Beginn der Förderdauer einen Abnahmepreis garantieren, der mehr als das Doppelte des aktuellen britischen Börsenpreises beträgt. EWS Schönau dazu: "Nun haben die Kommissare mit ihrem Votum einen Präzedenzfall geschaffen, der geeignet ist, einen Dammbruch auszulösen. Weitere Neubauprojekte wie die desaströsen Nuklearbaustellen im finnischen Olkiluoto und dem französischen Flamanville sowie die

Reanimierung unwirtschaftlicher Großprojekte könnten auf Kosten der Stromkunden vorangetrieben werden." Die EWS Schönau werden eine Klage aktiv unterstützen und wollen gegebenenfalls einen bundesweiten Klagefonds ins Leben rufen.

Über das britische Atomkraftwerke Hinkley Point C

In Großbritannien sind noch 16 Atomkraftwerke im Einsatz, 29 AKWs sind bereits abgeschaltet und müssen entsorgt werden. Die britische Regierung plant die Stilllegung der meisten noch aktiven AKWs, will aber zwei neue Reaktoren am Standort Hinkley Point bauen. Geplant sind zwei Kernkraftwerksblöcke mit je 1.600 MW Leistung. Der Energieversorger Électricité de France (EDF) hatte den Zuschlag für das 14 Mrd. Pfund teure Projekt (ca. 19 Mrd. Euro) erhalten. Das sind aber offenbar nur die Investitionskosten für die beiden AKW-Blöcke, die gesamten Baukosten gibt die EU-Kommission mit 31 Milliarden Euro an.

Wegen der stark gesunkenen Strompreise in Großbritannien fordern die AKW-Betreiber - in Analogie zum Grundkonzept des alten deutschen EEG - einen festen Einspeisetarif in Höhe von knapp 11 ct pro Kilowattstunde Atomstrom über einen Zeitraum von 35 Jahren, der damit weit über den Strommarktpreisen liegt. Zusätzlich wird ein Inflationsausgleich über die 35 Jahre gefordert.

Weitere Updates über Stimmen zur EU-Subventionszusage auf IWR Online folgen

:

Hohe Subventionen für britische Atomkraftwerke - Almunia gibt Empfehlung


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