02.03.2015, 10:52 Uhr

Hamburg: Kohlekraftwerk Moorburg nimmt kommerziellen Betrieb auf

Hamburg – Trotz hoher Überkapazitäten im deutschen Strommarkt nimmt mit erheblicher Verspätung das Hamburger Kohlekraftwerk Moorburg seinen kommerziellen Betrieb auf. Dabei will Hamburg eigentlich "Hauptstadt der Windenergie" werden.

Hamburg gilt als das Mekka für die Windenergie. Einige der führenden Windkraftanlagen-Hersteller und weitere Windservice-Dienstleister lenken ihre Unternehmen von ihrem Hauptsitz in der Hansestadt aus. Die städtische Clusterpolitik für erneuerbare Energien hat in diesem Punkt Wirkung gezeigt. Doch in Sachen Nutzung wird nun das fossile Standbein gestärkt, was sich zukünftig auch auf die Klimabilanz der Stadt auswirken wird. Von den Umweltschutzverbänden kommt daher reichlich Kritik.

Block 1 startet nach Verzögerungen – Block 2 folgt Mitte 2015

Nach anhaltenden Verzögerungen und fast einer Verdoppelung der Baukosten hat das Kohlekraftwerk in Hamburg-Moorburg am vergangen Samstagabend (28.02.2015) um 22 Uhr den Betrieb aufgenommen. Mit Block B ist zunächst nur einer der beiden Blöcke mit einer Leistung von je 827 Megawatt (MW) am Netz. Block A soll Mitte dieses Jahres folgen. Der Spatenstich für das neue Kohlekraftwerk in Hamburg erfolgte bereits im Juli 2007, mit den Planungen war noch viel früher begonnen worden.

Kraftwerk Moorburg: CO2-Emissionen bei 46,5 Prozent Wirkungsgrad

„Mit einem Wirkungsgrad von 46,5 Prozent gehört das Kraftwerk Moorburg zu den effizientesten und umweltfreundlichsten Kohlekraftwerken in Europa und wird einen wichtigen Beitrag zur Netzstabilität in Norddeutschland leisten“, sagt Dr. Karsten Schneiker, Leiter des Kraftwerkes Moorburg. Pro Jahr stößt das umstrittene Kohlekraftwerk im durchschnittlichen Betrieb trotzdem 8,7 Mio. Tonnen Kohlendioxid aus, etwa 50 Prozent des jährlichen Ausstoßes Hamburgs.

Vattenfall würden Kohlekraftwerk nicht nochmal bauen

Insgesamt liegen bereits jetzt erheblich Überkapazitäten für die Stromerzeugung vor. Im Jahr 2014 hatte Deutschland einen Stromexportüberschuss in Höhe von 34 Mrd. Kilowattstunden erzielt. Das ist ein Rekord und etwa drei Mal so viel Strom, wie Moorburg erzeugen soll. Hinzu kommt der geplante Ausbau der Offshore-Windenergie. In diesem Jahr könnten rund 2.000 MW Offshore-Leistung neu hinzukommen.

Ob das Kraftwerk Moorburg jemals rentabel arbeiten wird, ist jedoch nicht sicher. Die Investitionskosten haben sich in den Jahren von 1,7 Mrd. auf 3 Mrd. Euro fast verdoppelt, die Preise für Kohlestrom sind immer weiter gesunken. Die geplante Fernwärmetrasse, die dem Konzern Gewinne einbringen sollte, ist vom Tisch. Zudem gerät Steinkohle in der Merit-Order immer weiter in den Hintergrund bei steigendem Anteil erneuerbarer Energien. Das sieht auch der Betreiber Vattenfall so, der zugegeben hat, unter den derzeitigen Umständen ein solches Kraftwerk nicht mehr in Angriff zu nehmen.

BUND Hamburg: Schwarzer Tag für den Klimaschutz

Umweltverbände zeigen sich erschüttert über die Inbetriebnahme des Kohlekraftwerks. Ein „schwarzer Tag für den Klimaschutz“, erklärt der BUND Hamburg. „Das Kraftwerk setzt pro Jahr 8–9 Millionen Tonnen des Klimagases CO2 frei und konterkariert damit sämtliche Hamburger Klimaschutzanstrengungen. Die Investitionssumme von mehr als 3 Milliarden Euro hätte sehr viel besser für den Ausbau der erneuerbaren Energien eingesetzt werden können“, so Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des BUND Hamburg.

Greenpeace Deutschland, ebenfalls in der Hansestadt sitzen, haben die Inbetriebnahme als „Klimazerstörung Made in Hamburg“ bezeichnet und projizierten dies in einer Protestaktion an einen der Kühltürme.

Quelle: IWR Online
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