30.04.2015, 08:03 Uhr

Bauholz oder Brennstoff? Wie sich die Konkurrenz um Holz verschärft

München – Im Jahr 2010 wurde erstmals in Deutschland seit dem Ende des zweiten Weltkriegs mehr Holz energetisch genutzt als stofflich. Forscher der Technischen Universität München (TUM) haben nun untersucht, wie sich diese Konkurrenz um den Rohstoff in Zukunft entwickeln könnte.

In ihrer Studie haben die Wissenschaftler anhand von drei Erdölpreis-Szenarien analysiert, wie sich Holzaufkommen und –nachfrage speziell in Bayern bis zum Jahr 2035 entwickeln werden und welche Auswirkungen sich daraus ergeben.

Mehrstufige Nutzung von Holz sinnvoll

Ziel des vom Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, dem Verband Bayerischer Papierfabriken e.V. sowie dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft unterstützten Projektes ist es, detaillierte Kenntnisse über eine effiziente und nachhaltige Nutzung des Rohstoffes Holz bereitzustellen. Damit sollten dann Entscheidungen auf politischer und betrieblicher Ebene unterstützt werden. Prof. Klaus Richter, Leiter der Holzforschung München an der TUM, betont eine mehrstufige Nutzung von Holz: "Wenn man Holz zunächst als Baumaterial, und erst zum Schluss als Brennholz nutzt, lassen sich günstige ökologische Effekte erzielen: Konstruktionsholz ist ein wichtiger, dauerhafter Kohlenstoff-Speicher. Daher sollte die Nutzung von Holz als Baustoff die primäre Verwertungsschiene sein".

Mit steigendem Erdölpreis wird Holz knapp

In den beiden Preisanstiegs-Szenarien für das Erdöl sinkt die Holzernte im Vergleich zum Basisszenario, weil Waldbesitzer zunächst auf bessere Preise warten, bis sie ihr Holz auf den Markt bringen. Anteilig verkaufen die Waldbesitzer mit steigendem Ölpreis ihre Holzsortimente vermehrt als Energieholz und weniger als Industrieholz für Holzwerkstoffe oder Papier. Zudem wächst mit steigendem Ölpreis der Gesamtbedarf an Holzenergie.

In den Szenarien werde also deutlich, dass Holz insgesamt knapp wird: Um den Energieholz-Bedarf zu decken, sind deshalb höhere Pellets-Importe erforderlich. Der Anteil der energetischen Nutzung von bayerischem Holz steigt von 46 Prozent bei gleichbleibendem Ölpreis auf 54 Prozent bei einem Preisanstieg auf das Doppelte.

Dagegen komme es bei der stofflichen Verwertung von bayerischem Holz teilweise zum Rückgang bei Kapazität und Produktion. Das geringere Produktangebot für die stoffliche Nutzung müsse durch Holzproduktimporte oder Ersatz aus Nicht-Holzprodukten gedeckt werden.

Nachhaltigkeit: Besser mit Holz bauen oder heizen?

In ihrer Studie betrachteten die Wissenschaftler die Holznutzung als ein System, wie Projektleiterin Prof. Gabriele Weber-Blaschke erläutert: "Die Frage, ob eine Holzheizung oder ein Holzhaus nachhaltiger ist, lässt sich nicht beantworten. Denn beide sind Teil der gleichen Rechnung. Beispiel: Wenn wir alles verfügbare Holz verheizen würden, müssten wir beim Hausbau den nachwachsenden Rohstoff durch weniger nachhaltige Materialien wie Stahl oder Ziegel ersetzen."

In ihrer Nachhaltigkeitsberechnung zeigen die Autoren, dass mit dem Einsatz von Nicht-Holz-Alternativen wie Stahl oder Beton im Bauwesen mehr Treibhausgase freigesetzt werden. Da die Holzenergie jedoch fossile Brennstoffe ersetzt, bleibe der Ausstoß von Klimagasen insgesamt annähernd gleich. Die Feinstaubbelastung würde jedoch steigen, wenn mehr Holz verbrannt wird. Dabei ließ jedoch nicht ermitteln, wie eine geringere stoffliche Nutzung diese Emissionen beeinflusst.

Mehr Arbeitsplätze im Energieholz-Sektor

Am Arbeitsmarkt ist in den Szenarien ein Stellenzuwachs im Energieholz-Sektor zu erwarten, zum Beispiel im Energieholzeinschlag und in der Holzaufbereitung sowie der Logistik, während die Anzahl der Beschäftigten in der Säge-, Werkstoff- und Papierindustrie sowie im Druckgewerbe zurückgehen könnte. Insgesamt gehen mehr Arbeitsplätze verloren, als durch den Ausbau der Energiegewinnung aus Holz entstehen würden.

Zudem muss bei der Verwertung von Holz auch der Umbau von Wäldern berücksichtigt werden. Denn um das Ökosystem Wald vielfältiger und widerstandsfähiger zu machen, erhöhen Forstwirte in Bayern den Anteil an Laubbäumen, vor allem der Buche. Dieser ist seit 2002 um 7 Prozent gestiegen. "Allerdings", gibt Richter zu bedenken, "ist Fichte wegen ihrer Eigenschaften das bevorzugte Holzmaterial für das Bauwesen. Für das Laubstammholz müssen daher erst neue Verwendungsmöglichkeiten geschaffen werden."

Quelle: IWR Online
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