20.07.2015, 10:17 Uhr

DLR-Studie: Kommt regelbarer Solarstrom künftig aus Nordafrika?

Stuttgart – Der Stromtransfer von Afrika nach Europa kann ein tragfähiges Geschäftsmodell sein. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Doch welche Bedingungen müssen erfüllt sein, damit der Transfer funktioniert?
Mit dem richtigen Ansatz könnte die Stromübertragung von Afrika nach Europa einen Mehrwert für beide Regionen schaffen. Von zentraler Bedeutung dabei ist die Übertragungstechnik. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher im EU-geförderten Projekt BETTER ("Bringing Europe and Third Countries Closer Together Through Renewable Energies") des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt (DLR) gemeinsam mit CIEMAT (Centro de Investigaciones Energéticas, Medioambientales y Tecnológicas) und weiteren Kooperationspartnern.
Stromimport aus Nicht-EU-Ländern vorgesehen
Laut Artikel 9 der EU Direktive 2009/28/C der Europäischen Kommission ist der Import von Strom aus erneuerbaren Energien aus nichteuropäischen Ländern vorgesehen. Dies findet bislang aber eher selten statt. Ziel der Better-Studie war es, zu untersuchen, unter welchen Voraussetzungen ein Stromimport ökonomisch, ökologisch und sozial sinnvoll ist. Die Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass in Europa eine zunehmende Nachfrage nach regelbarem und gleichzeitig erneuerbarem Strom besteht. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass in Deutschland immer mehr fossile Kraftwerke wie Kohle- und Gaskraftwerke durch Strom aus erneuerbaren Energien-Quellen ersetzt werden sollen.
Scheint teuer, ist es aber nicht
"Solarstrom aus Afrika ist auf den ersten Blick teurer als Wind- und Photovoltaikstrom hierzulande. Wenn aber in Europa Mangel an Wind- und PV-Strom herrscht, wie z.B. in den frühen Abendstunden oder an trüben Tagen, dann steigt auch der Preis, der für die Kilowattstunde Strom bezahlt wird", erklärt Franz Trieb, Projektleiter der BETTER-Studie beim DLR-Institut für Technische Thermodynamik.
Massive Entlastung für die Energiewende
Sollte in solchen Situationen Solarstrom aus afrikanischen Ländern geliefert werden, könnten laut DLR beide Seiten profitieren. Für Stromanbieter in Afrika entstünde so ein tragfähiges, kostendeckendes Geschäftsmodell. Europa könne durch die kostengünstige Erhöhung seiner erneuerbaren Energien bei gleichbleibender, sicherer Versorgung profitieren.
Die Studie zeigt zudem, dass ein 15-20%iger Anteil an regelbaren Solarstromimporten zu einer massiven Entlastung der für die Energiewende notwendigen Infrastrukturen führen kann.
Supergrid nicht tragfähig
Die Forscher untersuchten auch, ob es günstiger ist, den Strom über Punkt-zu-Punkt Verbindungen (Hochspannungs-Gleichstromleitungen kurz HGÜ) oder über ein sogenanntes Supergrid nach Europa zu transportieren. Die Forscher kommen zu dem klaren Ergebnis, dass der Aufwand für ein solches Supergrid immens wäre, wenn keine regelbaren erneuerbaren Stromimporte einbezogen würden. Das Stromnetz in Deutschland müsste dann in der Lage sein, das Achtfache seiner heutigen Transferleistung aufzunehmen bzw. an seine Nachbarn abzugeben, Spanien sogar das 55fache.
Solar-Pipeline für Europa
Auch die HGÜ-Leitungen erfordern einen gewissen Aufwand. Sie haben aber den Vorteil, dass dieser gut kalkulierbar ist, da die Leitungen die Solarkraftwerke in Nordafrika direkt mit den Ballungszentren in Europa verbinden, wo es die größte Stromnachfrage gibt. Durch den regelbaren Solarstrom können Schwankungen im Stromnetz ausgeglichen werden. So könnte die primäre Funktion heutiger Kohle- und Gaskraftwerke eins zu eins durch erneuerbare Energie ersetzt werden. Die wichtigsten Faktoren für den Erfolg eines derartig großen Infrastrukturprojektes haben die Forscher am Beispiel der Nord Stream Pipeline erarbeitet, die über die Baltische See durch zehn verschiedene Länder führt und Russland mit Deutschland verbindet.
"Man könnte sagen, es handelt sich um Solar-Pipelines, die wertvolle, nämlich regelbare und gleichzeitig erneuerbare Energie aus der Ferne nach Europa bringen", fasst Franz Trieb zusammen. Voraussetzung für ein Gelingen ist nach DLR-Einschätzung allerding die völlige Transparenz des Projektes gegenüber der Öffentlichkeit sowie der Dialog mit den Bürgern, um Ängsten und Bedenken zu begegnen.
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