04.09.2015, 15:20 Uhr

Schweizer AKW-Abrissfonds erwirtschaftet 500 Mio. Franken über Plan

Bern/Münster – Die Kosten für den Abriss von Atomkraftwerken (AKW) und für die Entsorgung des Atommülls sind kaum abschätzbar. So wird in Deutschland derzeit über die Haftung der Betreiber diskutiert. In der Schweiz ist man in diesen Fragen schon weiter.

In der Schweiz haben die Betreiber der Kernkraftanlagen Entsorgungs- und Stilllegungsfonds gebildet. Diese werfen nun mehr ab als erwartet. Insgesamt lagen Ende 2014 rund 6,1 Milliarden Franken (2013 5.28 Milliarden Franken) auf der hohen Kante.

Höhere Rendite lässt Schweizer Atomfonds schneller wachsen als gedacht

Die berichtete nun Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK). Im Entsorgungs- und Stilllegungsfonds befanden sich Ende 2014 insgesamt rund 6,1 Milliarden Franken (rund 5,6 Mrd. Euro; 2013 5,28 Mrd. Franken). Damit sei der geforderte Soll-Bestand um rund 500 Millionen Franken übertroffen worden. Die Anlagerenditen im Jahr 2014 betrugen rund 11,5 Prozent, was den Wert für 2013 (7,3 Prozent) deutlich übertrifft. Die beiden Fonds stellen die Finanzierung für den Teil der Entsorgung der radioaktiven Abfälle und der abgebrannten Brennelemente sicher, welcher nach der Außerbetriebnahme der Kernkraftwerke zu bezahlen ist. So soll die Stilllegung der Kernkraftwerke und das Zwischenlager finanziert werden. Die Einrichtung dieser Fonds geht auf eine Stilllegungs- und Entsorgungsfondsverordnung von Dezember 2007 zurück und untersteht der Aufsicht des Schweizer Bundesrats.

Deutschland erst noch beim Haftungsrecht - folgt die politische Fonds-Diskussion?

Während der Schweizer Fonds also wächst und gedeiht, wird in Deutschland noch über die Haftung der Betreiber von Atomkraftwerken diskutiert. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) will verhindern, dass die Energiekonzerne mit der Auslagerung ihrer Atomsparten den Milliarden-Zahlungen für den AKW-Rückbau und der Endlagerung des Atommülls aus dem Weg gehen. Das Bundeswirtschaftsministerium plant ein Gesetz zur Beseitigung der Rechtsunsicherheit bei der Haftung für den Rückbau und die Entsorgung der Kernkraftwerke. Es soll sichergestellt werden, dass sich die für die Nuklearverbindlichkeiten bestehende Anzahl der Haftungsträger nicht infolge von Konzernumstrukturierungen oder der Kündigung von Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen verkleinert. E.ON hat bereits angedeutet, gegen ein solches Gesetz auch auf dem Rechtswege vorgehen zu wollen.

IWR Institut plädiert in Deutschland für Zwei-Fonds-Strategie

Die AKW-Betreiber in Deutschland haben bislang umfangreiche Rückstellungen in ihren Büchern ausgewiesen. Es geht um rund 38 Mrd. Doch zu glauben, der Begriff „Rückstellungen“ und diese Summen mit vorhandenem oder geparktem Kapital gleichzusetzen ist, führt in die Irre. Tatsächlich steht der bilanzrechtliche Begriff „Rückstellungen“ nur für vorab gebuchte Schulden, deren Höhe geschätzt wird. Auch der Zeitpunkt der Zahlung ist noch offen. Die tatsächliche Finanzierbarkeit der Rückstellungen steht angesichts des kriselnden Geschäftsmodells der Versorger auf einem anderen Blatt Papier und scheint keineswegs sicher.

Das IWR Institut schlägt zur Finanzierung des AKW-Rückbaus und der Atommüll-Entsorgung einen zweigeteilten Fonds vor. Dabei geht es zum einen um je einen Einzel-Abrissfonds der vier AKW-Betreiber (RWE, E.ON, Vattenfall, EnBW) für den Rückbau der AKWs. Die Fondshöhe erfolgt in Abhängigkeit von der Anzahl der Atomkraftwerke. Die Verwaltung und Anlage der Finanzmittel für den jeweiligen Abriss-Fonds orientieren sich unter BaFin-Auflagen an den strengen Regeln für Versicherungsgesellschaften. Zusätzlich sollte ein zentraler Endlager-Fonds gebildet werden, in den alle AKW-Betreiber gemeinsam für die Endlagerung des Atommülls einzahlen.

Quelle: IWR Online

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