05.11.2015, 08:12 Uhr

Bundesregierung beschließt dickes Paket für den Strommarkt der Zukunft

Berlin - Das Bundeskabinett hat wichtige energiepolitische Beschlüsse gefasst. Dabei werden auch die umstrittenen Pläne zur Sicherheitsbereitschaft von Braunkohlekraftwerken umgesetzt. Danach gehen Braunkohleblöcke der Unternehmen Mibrag, RWE und Vattenfall mit einer Gesamtleistung von 2.700 Megawatt 2016 schrittweise aus dem Markt und erhalten dafür insgesamt gut 1,6 Milliarden Euro.

Beschlossen wurde vom Kabinett das Gesetz zur Weiterentwicklung des Strommarktes, das die Maßnahmen des Weißbuchs "Ein Strommarkt für die Energiewende" sowie des "Eckpunktepapiers für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende" vom 1. Juli 2015 umsetzen soll.

Gabriel: Strommarkt fit machen für das 21. Jahrhundert

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) erklärte, dass man mit den Beschlüssen des Bundeskabinetts ein neues Kapitel für den Strommarkt der Zukunft aufgeschlagen habe. „Das Gesetz zur Weiterentwicklung des Strommarktes schafft einen konsequent marktwirtschaftlichen Ordnungsrahmen für den Strommarkt der Zukunft. Mit dieser größten Reform des Strommarktes seit der Liberalisierung der Energiemärkte in den 90er Jahren machen wir den Strommarkt fit für das 21. Jahrhundert. Wir buchstabieren Versorgungssicherheit europäisch und integrieren die erneuerbaren Energien optimal in den Markt. Flankierend schaffen wir durch das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende den nötigen innovativen Rahmen, damit der Stromsektor einer der ersten voll digitalisierten Sektoren unserer Volkswirtschaft wird. Das ist wichtig, denn erst mithilfe der Digitalisierung lassen sich Stromerzeugung, Gebäude und Verkehr intelligent miteinander verknüpfen und effizienter machen."

Kapazitätsreserve macht sicheres System noch sicherer

Das Strommarktgesetz verfolgt nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) den Ansatz, Marktmechanismen zu stärken und einen Rahmen zu schaffen, in dem alle Stromanbieter und Flexibilitätsoptionen miteinander im Wettbewerb stehen. Die Rolle der Bilanzkreisverantwortlichen, die dafür Sorge tragen, dass die von ihren Kunden benötigte Energie auch tatsächlich zur Verfügung steht, werde gestärkt. Auf diese Weise soll der künftige Strommarkt für Versorgungssicherheit bei wachsenden Anteilen erneuerbarer Energien sorgen. Die neu geschaffene Kapazitätsreserve soll den Strommarkt zusätzlich gegen unvorhersehbare Ereignisse absichern. Dazu werden bis zu 4.400 Megawatt (MW) Reservekraftwerke außerhalb des Marktes bereitgehalten. Damit wird ein ohnehin sicheres System noch sicherer, so das BMWi. Gleichzeitig bette das Gesetz den zukünftigen Strommarkt 2.0 stärker in den europäischen Binnenmarkt ein und sorge damit für zusätzliche Kosteneffizienz. Denn die Nutzung grenzüberschreitender Kapazitäten sei deutlich kostengünstiger, als sämtliche Kapazitäten national vorzuhalten.

Alte Braunkohleblöcke in die Sicherheitsbereitschaft

Neben Versorgungssicherheit und Kosteneffizienz gehört auch Umwelt- und Klimaschutz zur Energiepolitik. Um das nationale Klimaschutzziel für 2020 zu erreichen, werde mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung des Strommarktes außerdem eine Sicherheitsbereitschaft eingerichtet. In diese durchaus umstrittene Sicherheitsbereitschaft werden schrittweise ältere, emissionsintensive Braunkohlekraftwerke überführt. Die Braunkohlekraftwerke bleiben für vier Jahre in der Sicherheitsbereitschaft und werden anschließend stillgelegt. Ab dem Zeitpunkt der Überführung in die Sicherheitsbereitschaft wird im Regelfall kein Kohlendioxid mehr emittiert. Hierzu wurde Anfang November eine politische Verständigung mit den Betreibern unterzeichnet.

"Smart Meter" dort, wo Energieeffizienz-, System- oder Netznutzen entsteht

Das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende setzt zudem einen zusätzlichen wichtigen Impuls für die Weiterentwicklung des Strommarktes. Es schafft die technischen und datenschutzrechtlichen Voraussetzungen für die Digitalisierung des Stromsektors, ohne die wichtige Elemente eines "Strommarktes 2.0", wie z. B. Lastmanagement oder die sichere Systemintegration einer Vielzahl dezentraler erneuerbarer Erzeugungsanlagen, nicht zu realisieren sind, teilt das BMWi mit. Smarte Technologien können maßgeblich dazu beitragen, die Stromversorgung flexibler, sicherer und effizienter zu machen. Das Gesetz soll dafür sorgen, dass der Nutzen für die Stromverbraucher die Kosten überwiegt. In diesem Sinne sollen "Smart Meter" dort verpflichtend eingeführt werden, wo ein entsprechender Energieeffizienz-, System- oder Netznutzen entsteht. Daneben werden die Mehrkosten durch die Vorgabe strikter Preisobergrenzen begrenzt.

Dem Datenschutz komme in Anbetracht des umfangreichen Datenaustausches beim Einsatz digitaler Messsysteme eine entscheidende Rolle zu. Das Gesetz regelt deshalb auch, wer welche Daten erheben und zu welchem Zweck verwenden darf. Durch verbindliche Schutzprofile und Technische Richtlinien des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) werden daneben hohe technische Anforderungen an Datenschutz und Datensicherheit für "Smart Meter" gestellt, so das BMWi.

Quelle: IWR Online

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