15.12.2015, 12:09 Uhr

Geothermie: KIT-Forscher suchen Wärmeinseln per Satellit

Karlsruhe - Forscher am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) haben nun eine neue Methode entwickelt, unterirdische Wärmeinseln in Städten aufzuspüren, um sie energetisch zu nutzen. Diese Wärmeinseln bergen ein enormes geothermisches Potenzial.

Aus dem erwärmten Grundwasser lässt sich nachhaltige Energie zum Heizen und Kühlen gewinnen. Die Karlsruher Forscher schätzen die Grundwassertemperatur anhand der satellitengestützt gemessenen Oberflächentemperatur und der Bebauungsdichte ab.

Geothermisches Potenzial durch urbane Wärmeinseln

In größeren Städten liegen die Temperaturen üblicherweise deutlich höher als im ländlichen Umland. Diese sogenannten urbanen Wärmeinseln entstehen durch das Zusammenwirken verschiedener Faktoren wie dichte Besiedlung, Flächenversiegelung, Wärmeabstrahlung von Gebäuden, Industrie und Verkehr sowie fehlende Vegetation. Daraus ergeben sich laut KIT auch Chancen für die Energieversorgung. Die Energie aus oberflächennahen Grundwasserschichten lässt sich mithilfe von Erdwärme- und Grundwasserwärmepumpen zum Heizen im Winter und zum Kühlen im Sommer einsetzen. Würde dieses geothermische Potenzial genutzt, ließe sich damit ein Teil des wachsenden Energiebedarfs der Städte decken. Dies würde auch die Emission von Treibhausgasen reduzieren.

Eine Gruppe von Wissenschaftlern vom Institut für Angewandte Geowissenschaften (AGW) und vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung – Atmosphärische Spurengase und Fernerkundung (IMK-ASF) des KIT sowie von der ETH Zürich haben nun ober- und unterirdische Wärmeinseln in vier deutschen Großstädten in ihrem Verhältnis zueinander untersucht. Über die Ergebnisse berichten sie in der Zeitschrift „Environmental Science & Technology“.

Alte Städte im Untergrund wärmer

Die Wissenschaftler griffen auf satellitengestützte Messungen der Oberflächentemperatur zurück. Im Gegensatz zu den leicht erkennbaren oberirdischen Wärmeinseln sei die Beschreibung der Wärmeinseln im Untergrund schwierig gewesen. Die Forscher aus Karlsruhe und Zürich verglichen ober- und unterirdische Wärmeinseln in den vier Städten Berlin, München, Köln und Karlsruhe. Dabei stellten sie eine räumliche Korrelation bis zu 80 Prozent fest. Die Übereinstimmung ist in den älteren Städten wie Köln größer als im verhältnismäßig jungen Karlsruhe. Denn je älter die Stadt, desto ausgeprägter die Erwärmung des Untergrundes. In 95 Prozent der untersuchten Gebiete war allerdings die Grundwassertemperatur höher als die Oberflächentemperatur, was die Wissenschaftler auf zusätzliche unterirdische anthropogene Wärmequellen wie Gebäudekeller, Abwasserkanäle oder Reinjektion von Kühlwasser zurückführen.

Geothermie-Potenzial ohne aufwendige Grundwasser-Messungen ermitteln

Die satellitengestützt gemessene Oberflächentemperatur allein reicht also nicht aus, um die Grundwassertemperatur zuverlässig zu schätzen: Daher zogen die Forscher zusätzlich Bebauungsdichte und Kellertemperatur heran. So gelang es ihnen, die regionalen Grundwassertemperaturen mit einem mittleren absoluten Fehler von 0,9 Kelvin zu schätzen. „Diese Methode ermöglicht eine erste Bewertung der unterirdischen Wärmeinseln und damit der ökologischen Bedingungen im Grundwasser und des geothermischen Potenzials, ohne dass dafür aufwendige Grundwassertemperaturmessungen und Interpolationen erforderlich sind“, erklärt Philipp Blum, Professor für Ingenieurgeologie am AGW des KIT.

Quelle: IWR Online

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