Atomkraftwerke: EDF stellt neuen Kostenplan für EPR2-Programm vor – erster neuer Reaktor nicht vor 2038 am Netz

© EDF; Mickael-Clemenceau
Paris – Der vom staatlich-französischen Energiekonzern EDF geplante Bau von Atomkraftwerken der neuen Reaktorgeneration EPR2 verzögert sich weiter und wird deutlich teurer. Obwohl das EPR2-Reaktordesign noch nicht vollständig ausgearbeitet ist, soll die endgültige Investitionsentscheidung im Jahr 2026 getroffen werden.
EDF hat den Stand der Rahmenplanungen für den Bau von sechs EPR2-Atomkraftwerken aktualisiert. Im Vergleich zu den Angaben vom März 2025 wurden Kosten, Zeitplan sowie Finanzierungsdetails präzisiert, während die Verschiebung der Inbetriebnahme auf frühestens 2038 und die technischen Unsicherheiten bestehen bleiben. Die neuen Kostenangaben in Höhe von 72,8 Mrd. Euro in Preisen von 2020 beruhen weiterhin auf Schätzungen, Annahmen und Erfahrungswerten.
Erster AKW-Neubau in Frankreich nicht vor 2038 in Betrieb
Der Bau von sechs neuen EPR2-Reaktoren an den Standorten Penly, Gravelines und Bugey wird teurer als bislang vorgesehen. Laut der jüngsten Schätzung von EDF erreichen die prognostizierten Gesamtkosten 72,8 Mrd. Euro in Preisen von 2020. Die Kostenangaben sollen im ersten Quartal 2026 von der französischen Interministeriellen Delegation für neue Atomkraft (DINN) geprüft werden.
Der erste Reaktor in Penly soll frühestens 2038 in Betrieb gehen. Die weiteren Reaktoren sollen nach den aktuellen Planungen in Abständen von 12 bis 18 Monaten folgen. Für das Jahr 2026 hat EDF ein Budget von 2,7 Mrd. Euro für das Programm genehmigt.
Französischer Staat subventioniert Bau und Betrieb der Atomkraftwerke
Den Bau der neuen Atomkraftwerke kann EDF ohne staatliche Unterstützung und Risikoteilung nicht finanzieren. Vorgesehen sind staatliche Subventionen, darunter ein subventioniertes Darlehen für mindestens 50 Prozent der Baukosten. Konkrete Vertragsdetails liegen bislang nicht vor; es handelt sich weiterhin um einen Rahmenplan.
Der produzierte Atomstrom soll über eine staatlich garantierte Mindestvergütung mit einer Laufzeit von 40 Jahren abgesichert werden. Das geplante Contract-for-Difference-(CfD)-Modell sieht – ähnlich wie das EEG – eine Mindestvergütung (Strike Price) vor, deren Höhe bislang nicht bekannt ist. Im Unterschied zum EEG ist bei einem CfD-Modell jedoch auch die Oberseite gedeckelt: Steigt der Börsenstrompreis deutlich über die garantierte Mindestvergütung, muss der Betreiber einen Teil der Erlöse an den Staat zurückzahlen.
Bereits im März 2025 hatte der Rat für Nuklearpolitik (CPN) klargestellt, dass der erste EPR2-Reaktor nicht vor 2038 ans Netz gehen wird. EDF wurde aufgefordert, die Maßnahmen zur Kosten- und Terminsteuerung zu verstärken und bis Ende 2025 eine verbindliche Kosten- und Zeitabschätzung vorzulegen. Gleichzeitig wurde das Unternehmen daran erinnert, die industrielle Beherrschung des Programms weiter zu festigen. Dieser Aufforderung ist EDF bislang noch nicht vollständig nachgekommen.
Rechnungshof kritisiert Vorgehen – deutliche Kostensteigerungen
Der französische Rechnungshof (Cour des comptes) hatte Ende 2023 die technische Reife des EPR2-Programms als unzureichend bewertet, um von der allgemeinen zur detaillierten Planung überzugehen. Zwar wurde die Detailplanung inzwischen aufgenommen, doch bleiben sowohl die prognostizierte Rentabilität als auch die Finanzierung des Programms unklar.
Der Rechnungshof verweist darauf, dass die ursprünglichen Kostenschätzungen von 51,7 Mrd. Euro in Preisen von 2020 inzwischen um rund 30 Prozent auf 67,4 Mrd. Euro in Preisen von 2020 gestiegen sind. Umgerechnet in Preisen von 2023 belaufen sich die Gesamtkosten bereits auf 79,9 Mrd. Euro. Damit werde erneut deutlich, wie wichtig eine strikte Kosten- und Terminsteuerung sei, um die massiven Kostenüberschreitungen bei Projekten wie Flamanville, Olkiluoto oder Hinkley Point nicht zu wiederholen.
Mit der jüngsten Anhebung der geschätzten Kosten auf 72,8 Mrd. Euro in Preisen von 2020 durch EDF zeichnet sich ab, dass ein Ende der Kostenspirale bislang nicht absehbar ist. Experten weisen darauf hin, dass dieser Betrag lediglich die reinen Baukosten für die Atomkraftwerke widerspiegelt. Unter Einbeziehung von Finanzierungskosten und Inflation wird erwartet, dass die nominalen Gesamtkosten auf deutlich über 100 Mrd. Euro steigen.
Quelle: IWR Online
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