08.11.2016, 11:14 Uhr

Offshore Windenergie steht am Wendepunkt

München – Die Offshore Windenergie gilt bisher als teuer. In einer Studie hat das Beratungsunternehmen Roland Berger nun die bisherige Entwicklung untersucht und kommt zu überraschenden Ergebnissen.

Roland Berger hat in einer neuen Studie mit dem Titel "Offshore wind power - Takeaways from the Borssele wind farm" untersucht, was hinter den aktuellen Erfolgen in der Offshore-Windenergie steckt. Zudem schätzen die Berater ab, was diese Entwicklungen zukünftig für die Akteure der Offshore Windindustrie bedeuten werden.

Wendepunkt bei Kosten der Offshore Windenergie erreicht

Laut Roland Berger liegen die Kosten für den Strom aus Offshore-Windkraftanlagen pro erzeugter Megawattstunde bisher zwei- bis dreimal so hoch wie bei Windkraftanlagen an Land. Doch jetzt dürfte ein Wendepunkt erreicht sein: Das Ergebnis der Ausschreibung für den neuen Offshore-Windpark "Borssele" in den Niederlanden beweist, dass die Kosten erheblich gesenkt werden können. Mit Gesamtkosten von 87 Euro pro Megawattstunde (MWh) hat der Offshore Windpark Borssele den Abstand zu Windparks an Land halbiert und liegt heute schon deutlich unter den 115 Euro pro MWh, die sich die Branche eigentlich erst für 2020 als Ziel gesetzt hat.

Vier Faktoren sorgen für Kosten-Einsparungen

Manfred Hader, Partner von Roland Berger: "Die rekordverdächtig niedrigen Stromgestehungskosten beim Borssele-Projekt zeigen das erhebliche Einsparpotenzial für die Offshore Windenergie." Die Studie ergibt, dass der günstige Preis von Borssele vor allem auf vier Faktoren zurückzuführen sei. Dazu zählen die optimierten betrieblichen Prozesse, technische Innovationen, größere und leistungsstärkere Turbinen sowie mehr Wettbewerb unter den Zulieferern. "Diese strukturellen Faktoren gelten grundsätzlich für die gesamte Branche", erklärt Hader. "Dagegen spielen zyklische Effekte wie die niedrigen Zinsen sowie Stahl- und Ölpreise eine geringere Rolle."

Offshore-Windkraft wird zum ernstzunehmenden Wettbewerber

Bei fossilen Kraftwerken liegen die durchschnittlichen Kosten pro MWh laut Roland Berger beim derzeit niedrigen Preis für CO2-Emissionszertifikate zwischen 40 und 60 Euro, bei Windkraft an Land zwischen 40 und 70 Euro und bei Strom aus Photovoltaik zwischen 70 und 130 Euro. "Das Borssele-Projekt mit seinen 87 Euro pro Megawattstunde zeigt deutlich, dass Offshore Windenergie schon bald zum ernstzunehmenden Wettbewerber für alle anderen Stromerzeugungsmethoden wird", so Hader.

Roland Berger erwartet Markt-Konsolidierung

An die Adresse der Anlagenhersteller lautet die Einschätzung der Münchner Berater, dass eine gewisse Größe gebraucht werde, um Vorteile bei Finanzierung und Beschaffung zu nutzen. Deshalb erwarten die Roland Berger-Experten eine Konsolidierung des Marktes. Investitionen in Windparks brächten grundsätzlich stabile, aber eher niedrige Erträge. Infrastrukturfonds seien prädestiniert, diese zu finanzieren. Die Hersteller von Komponenten sollten auf Standardisierung setzen. Der Trend zu Turbinen mit 10 MW und mehr Leistung werde außerdem dazu führen, dass sämtliche anderen Komponenten ebenfalls neu entwickelt werden müssen, so Roland Berger. Dies sei eine Chance für Innovationen sowie Neueinsteiger.

Quelle: IWR Online

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