14.11.2016, 08:07 Uhr

Klimaschutzplan der Bundesregierung und die Reaktionen

Münster - Die Bundesregierung hat sich auf den letzten Metern doch noch auf einen abgespeckten Klimaschutzplan geeinigt. Ziele für die einzelnen Sektoren werden beschlossen, Maßnahmen auf die Zeit nach der Bundestagswahl verschoben.

Bundesumweltministerin Hendricks (SPD) bleibt auf der UN-Klimakonferenz in Marokko eine Blamage erspart. Mit dem Klimaschutzplan wird heute im Bundeskabinett ein formales Dokument verabschiedet, die Reaktionen der Verbände spiegeln die Differenzen offen wider.

Klimaschutzplan und der Kompromiss innerhalb der Bundesregierung

Der Klimaschutzplan legt die Eckdaten und Korridore fest: Reduzierung der Treibhausgase in Deutschland bis 2020 um 40, 2030 um 55, 2040 um 70 Prozent und 2050 um 80 bis 95 Prozent. Der jetzt gefundene Kompromiss bezieht sich auf die Ziele der einzelnen Sektoren bis 2030. So darf nun die Industrie (Ressort Wirtschaft von Minister Gabriel) 140 bis 143 Mio. t Treibhausgase jährlich bis 2030 ausstoßen und damit mehr als vorher geplant. Um einen Teil des Mehrausstoßes zu kompensieren, müssen im Ressort des Umweltministeriums von Ministerin Hendricks in der Gebäudesanierung (8 Mio. t) und der Abfall- und Abwasserwirtschaft (2 Mio. t) mehr Treibhausgase eingespart werden. Einen CO2-Mindestpreis beim Emissionshandel wird es nicht geben, die umstrittene Kohlekommission nimmt ihre Arbeit 2018 unter neuem Namen auf.

Gabriel verbindet Strukturwandel mit Klimaschutz

Wirtschaftsminister Gabriel legt Wert auf die Reihenfolge: Zunächst möchte Gabriel "realistische und greifbare Perspektiven für die Regionen schaffen, bevor konkrete Schritte zur Verringerung der Kohleverstromung eingeleitet werden". Strukturwandel in der Wirtschaft, Wachstum und Klimaschutz lautet das Leitmotto von Gabriel. Dazu wurde zunächst ein Regionalfonds beschlossen, um neue Wertschöpfung und Arbeitsplätze in den Regionen des Strukturwandels zu schaffen.

Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE): Klimaschutzplan light

Der BEE begrüßt die Einigung beim Klimaschutzplan 2050 als ein spätes, aber wichtiges Signal für den internationalen Klimaschutz. BEE-Geschäftsführer Hermann Falk: "Positiv zu bewerten ist, dass der Plan konkrete Ziele für die einzelnen Sektoren festschreibt. Diese sind jedoch bei weitem noch nicht ambitioniert genug, um unsere verbindlichen Klimaschutzziele zu erreichen."

VIK: Klimaschutz führt zur Umgestaltung der Industriegesellschaft

Dem Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft und den Unternehmen der energiekostensensiblen Industrie ist bewusst, dass die Erreichung der Klimaschutzziele zur Umgestaltung der Industrielandschaft in Deutschland führen wird. Das bedingt einen hohen Finanzierungsbedarf und ein hohes Maß an technischen Neuerungen mit notwendigen Technologiesprüngen, so der VIK. VIK-Geschäftsführerin Barbara Minderjahn: "Die Industrie arbeitet mit Hochdruck an entsprechenden Lösungen, um den Herausforderungen zu begegnen. Die Politik muss allerdings ihrerseits ein Interesse daran haben, dass diese Transformation gelingt und Deutschland auch 2050 noch eine starke, wettbewerbsfähige und hochdifferenzierte Industrielandschaft aufweist.“

BDEW: Klimaschutzplan ist nach wie vor nicht realistisch

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) ist skeptisch und kritisiert u.a. das Tempo. Stefan Kapferer, Vorsitzender der BDEW-Hauptgeschäftsführung, kritisiert, dass "in die nur 14 verbleibenden Jahre bis 2030 neben dem Atomausstieg auch noch ein Kohleausstieg gepresst werde." Dieser Plan werde sehr teuer. Kapferer: "Ohne wirklich gravierende Fortschritte beim Netzausbau wird sich die Kohle in diesem Zeitraum nicht durch Erneuerbare ersetzen lassen. Die im Klimaschutzplan vorgesehene Überprüfung in 2018 muss genutzt werden um einen realistischen Zeitplan aufzusetzen."

Quelle: IWR Online

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