07.06.2017, 12:06 Uhr

Verfassungs-Gericht kippt Brennelemente-Steuer

Karlsruhe – Das Bundesverfassungsgericht hat die Brennelementesteuer für Atomkraftwerke für verfassungswidrig erklärt. Die Atomkonzerne können nun mehrere Milliarden Euro an Steuern zurückfordern.

Das Kernbrennstoffsteuergesetz (KernbrStG) ist mit dem Grundgesetz unvereinbar und somit nichtig. Das hat das Bundesverfassungsgericht in seiner heutigen Urteilsverkündung (07.06.2017) entschieden. Die betroffenen Energiekonzerne können nun etwa sechs Milliarden Euro vom Staat zurückfordern.

Bund hat ohne Grundgesetzänderung keine Gesetzgebungskompetenz für das KernbrStG

Kernbrennstoffe, die zur gewerblichen Stromerzeugung genutzt wurden, unterlagen vom 8. Dezember 2010 bis zum 1. Januar 2017 dem KernbrStG. Der zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat das Gesetz nun für nichtig erklärt und führt zur Begründung insbesondere an, dass das Bund und Länder außerhalb der vom Grundgesetz vorgegebenen Kompetenzenordnung kein Steuererfindungsrecht haben. Dem Bundestag fehlt die entsprechende Gesetzgebungskompetenz, die Steuer über ein einfaches Gesetz zu erheben. Die Richter Peter Huber und Peter Müller stimmten der Senatsmehrheit zwar im Ergebnis zu, nicht aber der Begründung.

Demnach ist die Kernbrennstoffsteuer keine „Verbrauchssteuer im Sinne der Abgabenordnung“, wie vom Gesetzgeber begründet, da sie sich nicht dem Typus einer Verbrauchssteuer nach Artikel 106 Grundgesetz zuordnen lässt. Zwar kann der Gesetzgeber mit einem einfachen Gesetz innerhalb der Regeln der Artikel 105 und 106 des Grundgesetzes neue Steuern „erfinden“, hat aber kein freies Steuererfindungsrecht. Dafür müsste das Grundgesetz entsprechend geändert werden.

Atomkonzern können bis zu 6 Milliarden Euro zurückfordern

Die Betreiber von Atomkraftwerken können auf eine Rückerstattung der Steuer hoffen. Die Steuereinnahmen aus der Kernbrennstoffsteuer betrugen für den Bundeshaushalt in den Jahren 2011 bis 2016 insgesamt 6,285 Milliarden Euro. Mit Blick auf eine verlässlichen Finanz- und Haushaltsplanung hätten die Richter von einer Rückwirkung der Nichtigkeitserklärung des Gesetzes absehen können, der Verzicht auf die Rückwirkung kann jedoch nur beansprucht werden, wenn sich der Gesetzgeber auf seine Finanz- und Haushaltsplanung verlassen durfte. „Dies war im Hinblick auf die von Anfang an mit erheblichen finanzverfassungsrechtlichen Unsicherheiten belastete Kernbrennstoffsteuer nicht der Fall“, so das Bundesverfassungsgericht.

Aktien von RWE und Eon legen zu

Die Aktien der deutschen Versorger legen mit der Urteilsverkündung deutlich zu. Die Aktie von Eon klettert um 4,8 Prozent auf 8,40 Euro, die RWE-Aktie legt um 3,6 Prozent auf 19,21 Euro zu (Stand: 11:41 Uhr, Börse Stuttgart).

Quelle: IWR Online

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