13.12.2012, 10:09 Uhr

Atomstrom wird zum Kostendesaster

Paris – Der französische Energiekonzern EDF hat angekündigt, dass sich die Kosten für den Bau des neuen Atomkraftwerks im nordfranzösischen Flamanville auf etwa acht Mrd. Euro mehr als verdoppeln werden. Die Baukosten dieses Europäischen Druckwasserreaktors (EPR), dessen Bau in 2007 gestartet ist, sollte nach den ursprünglichen Plänen etwa 3,4 Mrd. Euro kosten. Doch die Kostenprognosen wurden seitdem regelmäßig nach oben geschraubt. In 2008 ging man von rund vier Mrd. Euro aus. Diese Kostenschätzung wurde in 2010 auf fünf Mrd. Euro und in 2011 auf sechs Mrd. Euro angehoben. Nach Einschätzung von EDF wird die erneute Anhebung der prognostizierten Kosten um weitere zwei Mrd. Euro das Ziel, ab 2016 mit der kommerziellen Stromerzeugung in Flamanville zu starten, nicht beeinträchtigen. Der Reaktor mit einer Leistungskapazität von 1.630 Megawatt (MW) wird von Areva entwickelt. Es ist der erste Bau eines Kernreaktors in Frankreich seit 15 Jahren und wird nach Angaben von EDF der erste Kernreaktor auf Basis dieser neuen und effizienteren Technologie weltweit sein. Neben dem EPR Flamanville werden derzeit auch in Finnland (EPR Olkiluoto 3) und China (Taishan 1 und 2) derartige Kernkraftwerke errichtet. Auch bei dem Projekt in Finnland wurden mehrfach die Baukosten und der Zeitpunkt der Inbetriebnahme nach oben revidiert.

Kosten bei 4,9 Mio. Euro pro Megawatt - Enel steigt aus

Durch die Anhebung der geplanten Baukosten von Flamanville auf acht Mrd. Euro steigen die Kosten pro Megawatt Leistung auf etwa 4,9 Mio. Euro. Als Erklärung für die gestiegenen Kosten in Flamanville verweisen EDF und Areva u.a. auf Schwierigkeiten bei der Errichtung dieses Vorreiter-Projektes sowie auf gestiegene Sicherheitsanforderungen nach dem Atomunfall von Fukushima im März 2011. Aufgrund der steigenden Kosten hat der italienische Energiekonzern Enel vor kurzem seine Partnerschaft mit EDF in Flamanville rückgängig gemacht. Enel war seit 2007 in dieses Kraftwerks-Projekt durch eine Beteiligung von 12,5 Prozent involviert. EDF hat angekündigt, bereits geleistete Investitionen von Enel im Umfang von über 600 Mio. Euro plus Zinsen zurückzuzahlen.

Flamanville-Strom kostet zwischen 7 und 9 Cent pro kWh

Der französische Rechnungshof hat Anfang 2012 die zukünftigen Stromerzeugungskosten im EPR-Flamanville bei einer Laufzeit von 60 Jahren auf sieben bis neun Cent/Kilowattstunde (kWh) beziffert. Diese Kosten wären damit deutlich höher als die gegenwärtigen durchschnittlichen Stromerzeugungskosten aus Kernenergie in Frankreich, die laut dem Rechnungshof bei knapp fünf Cent/kWh liegen. Nach Angaben von France Energie Eolienne, dem französischen Windenergie-Verband, würde demnach Onshore-Windenergie mit Stromerzeugungskosten von ca. acht Cent/kWh gegenüber dem neuen Kernkraftwerk in Flamanville wettbewerbsfähig sein. Für die zukünftigen Kernkraftwerke auf Basis der neuen Technologie geht Luc Oursel, Geschäftsführer von Areva, davon aus, dass die Stromerzeugungskosten bei etwa fünf bis sechs Cent/kWh liegen werden.

Frankreichs Kernkraftwerke erst zu 75 Prozent abgeschrieben


© IWR, 2012