Deutschland erreicht Klimaziele nicht wie geplant
Münster – Die Interpretation des Monitoring-Berichts zur Energiewende fällt höchst unterschiedlich aus. Für Sigmar Gabriel (SPD) befindet sich die Energiewende auf Zielkurs. Doch die vom Ministerium eingesetzte Expertenkommission sieht die Entwicklung anders und bestätigt Prognosen zu den Klimazielen aus dem Jahr 2013.
Mit dem fünften Monitoring-Bericht zur Energiewende berichtet die Bundesregierung auf rd. 170 Seiten über den aktuellen Stand der Energiewende. Die vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) eingesetzte Expertenkommission zum Monitoring-Prozess „Energie der Zukunft 2015“ hält mit rund 200 Seiten zum Monitoring-Bericht dagegen und bezieht Stellung.
Experten loben Ausbau der Erneuerbaren – Klimaziele in weiter Ferne
Das Ziel der Bundesregierung lautet, die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 gegenüber 1990 um 40 Prozent zu reduzieren. Bis zum Jahr 2015 ist laut Monitoring-Bericht eine Einsparung von 27,2 Prozent gelungen. Vorsitzender der vierköpfigen Expertenkommission ist Prof. Dr. Andreas Löschel von der Universität Münster: „Um die Zielerreichung zu sichern und die Glaubwürdigkeit der Energiewende zu erhalten, ist ein verlässlicher und langfristig stabiler Rahmen für die Transformation des Energiesystems notwendig.“ Denn auch nach der Umsetzung der „10-Punkte-Energie-Agenda“ der Bundesregierung besteht aus Sicht der Experten weiterhin ein erheblicher Handlungsbedarf zur Erreichung der Energiewendeziele. Den positiven Trends im Bereich erneuerbare Energien auf der einen Seite stünden eine unbefriedigende Entwicklung bei der Energieeffizienz gegenüber. Zudem dürfte insbesondere das Klimaschutzziel mit großer Wahrscheinlichkeit verfehlt werden.
Verfehlung der Klimaschutzziele bestätigt IWR-Prognose aus 2013
Aus Sicht des IWR-Instituts ist das Ergebnis keine Überraschung. Bereits bei der Veröffentlichung des Koalitionsvertrages 2013 war absehbar, dass die Ziele nicht zu erreichen sind. „Ein Erreichen der Klimaziele bis 2020 ist derzeit eine völlige Illusion“, kritisierte IWR-Direktor Dr. Norbert Allnoch damals die Ankündigung der Großen Koalition. Die Gründe: Auf dem Stromsektor war bereits absehbar, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien mit Schwerpunkt Offshore Windenergie bis 2020 lediglich die Abschaltung von drei Kernkraftwerken (Grafenrheinfeld, Gundremmingen B und Philippsburg) kompensieren und keinen zusätzlichen Klimaschutz-Beitrag liefern konnte.
Bleibt noch der Wärme- und der Treibstoffsektor sowie die Energieeffizienz. „Aus dem Koalitionsvertrag ist nicht erkennbar, wie zum Erreichen der Klimaschutzziele bis 2020 die jedes Jahr rd. 30 Mio. t an zusätzlichen CO2-Einsparungen allein über den geplanten klimafreundlichen Wärmemarkt, Maßnahmen zur Energieeffizienz oder CO2-Reduktionen im Verkehrssektor zusammenkommen sollen,“ kritisierte Allnoch die Ankündigungen im Koalitionsvertrag in einer Stellungnahme.
Treibhausgasemissionen stagnieren in den vergangenen sieben Jahren
Die Expertenkommission bestätigt die IWR-Einschätzung aus dem Jahr 2013. Das zentrale politische Ziel des Energiekonzepts der Bundesregierung werde mit großer Wahrscheinlichkeit verfehlt, heißt es in der Stellungnahme der vier Professoren. Dabei werde in dem Monitoring-Bericht nur unzureichend das Augenmerk darauf gerichtet, dass die Treibhausgasemissionen in den vergangenen sieben Jahren – also seit 2009 – mehr oder weniger stagnieren, so die Fachleute. Um das Ziel doch noch zu erreichen, müsse sich das Tempo der Emissionsminderung gegenüber der Periode von 1990 bis 2015 (-1,3 Prozent/Jahr) etwa verdreifachen. Die Expertenkommission stellt fest, dass aus heutiger Sicht nicht zu erkennen ist, wie die Bundesregierung dies erreichen möchte.
Quelle: IWR Online
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