10.10.2013, 15:49 Uhr

EEG-Umlage steigt kräftig, Strompreise auch: Was im System falsch läuft

Münster – Eigentlich ist die Sache schon klar: Die EEG-Umlage wird im kommenden Jahr nach diversen übereinstimmenden Medienberichten von 5,28 auf 6,3 Cent je Kilowattstunde steigen. Doch es kommen noch weitere Belastungen auf die Stromkunden zu – mit den erneuerbaren Energien haben sie am wenigsten zu tun. Diverse Fehler im System führen zu diesen Fehlentwicklungen.

Wenn am kommenden Dienstag offiziell bekanntgegeben wird, wie stark die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) im kommenden Jahr steigt, holen Industrielobbyisten und viele Medien die Keule heraus: Die massive Übersubventionierung der regenerativen Energien würde die Strompreise nach oben treiben, so die vorschnellen Vorwürfe.

Genau das stimmt nicht. Ein Beispiel: Nach den Daten der Strombörse EEX haben Wind- und Photovoltaikanlagen in den ersten acht Monaten rd. 1,3 Milliarden Kilowattstunden bzw. 2,6 Prozent weniger produziert als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Die EEG-Umlage steigt trotzdem.

Wer wo genau entlang der gesamten Wertschöpfungskette profitiert, ist nicht in drei Sätzen zu beschreiben. Der Genarrte ist in jedem Fall der Verbraucher. Der wird nach Berechnungen von Verivox voraussichtlich ab 2014 29,73 Cent statt 27,75 Cent je Kilowattstunde (kWh) im Schnitt an seinen Versorger zahlen müssen. Dieser Zuwachs von sieben Prozent wird neben der Umlage dadurch verursacht, dass auf sie der volle Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent erhoben wird. Das Portal geht zudem davon aus, dass die Netzentgelte durchschnittlich um zehn Prozent steigen. Mangelnder Wettbewerb und mangelnde Wechselbereitschaft bei vielen Verbrauchern sind ebenfalls nicht förderlich.

Bei der EEG-Umlage selbst spiel eine Vielzahl von Faktoren eine Rolle. Das Beratungshaus Energy Brainpool hat kürzlich - auf der Basis einer Prognose von 6,1 Cent/kWh - im Auftrag der Grünen-Bundestagsfraktion errechnet, dass der Zubau von Solar, Wind & Co. eine Erhöhung der Umlage um 0,18 Cent/kWh verursacht. Das entspricht in dem Szenario 13 Prozent der Anhebung oder in absoluten Zahlen 900 Mio. Euro.

Ausnahmen von der EEG-Umlage werden noch teurer

Doppelt so hoch schlagen die Ausnahmeregelungen für Unternehmen der energieintensiven Industrie zu Buche, für die immer mehr Anträge eintrudeln. 25 Prozent der Erhöhung oder 1,7 Mrd. Euro gehen auf diesen Faktor zurück, der sich mit 0,35 Cent/kWh bemerkbar macht. In der Gesamtsumme rechnen die Autoren der Studie für 2014 mit 6,7 Mrd. Euro, die auf die Verbraucher nur durch diesen Posten umgelegt werden.

Der größte Posten der anstehenden Erhöhung entfällt aber auf den derzeitigen Börsenstrompreis – und hier wird es – je nach Lesart – interessant oder kompliziert. Es gibt drei Faktoren, die die Gesamtsumme von 3,5 Mrd. Euro in die Höhe treiben. Zunächst sind die Preise wesentlich geringer als beim Stichtag im letzten Jahr veranschlagt. Damals gingen die Verantwortlichen nach gesetzlichen Vorgaben von 5,115 Cent/kWh aus, der Mittelwert der stündlichen Auktionspreise am Spotmarkt der Strombörse EPEX (zwischen 01.01. und 26.07.2013) liegt aber bei 3,9 Cent. Diese Mindereinnahmen werden mit der EEG-Umlage in 2014 ausgeglichen. Kostenpunkt: 0,4 Cent/kWh.

Auf Basis des aktuellen Preisniveaus an den Terminmärkten wiederum wird die Prognose für die Vermarktungserlöse in 2014 erstellt. Diese müsste gemäß den gesetzlichen Vorgaben bei 4,1 Cent/kWh liegen. Die Differenz mit der Prognose für 2013 muss ebenfalls über die Umlage abgedeckt werden. Dieser Faktor macht 0,27 Cent/kWh aus. Hinzu kommt noch die Liquiditätsreserve von 0,06 Cent/kWh.

Wechsel des Wälzungsmechanismus 2010 sorgte für Verschlechterung

Die rekordniedrigen Börsenstrompreise wiederum sind ein Thema für sich. Einerseits wird der EEG-Strom „anonymisiert“ als Graustrom an die Börse gebracht – seine Herkunft wird also nicht gekennzeichnet. Vor 2010 wurde er von den Netzbetreibern an die Versorger bzw. Stadtwerke durchgeleitet, wobei diese eine Abnahmeverpflichtung hatten.

Heute haben die großen Versorger aber im Regelfall kein Interesse an diesem Strom – wozu auch, sie haben schließlich eigene Kapazitäten wie die Kohlemeiler, die dank niedriger Preise der CO2-Emissionszertiffikate auch noch relativ günstig zu betreiben sind. Eine Abnahmeverpflichtung besteht nicht. Sie setzen ihren konventionell erzeugten Strom häufig direkt an Großkunden wie kommunale Stadtwerke ab, wobei die Preise bilateral vereinbart werden.

Der Börsenstrompreis sinkt derweil, was eigentlich positiv zu bewerten ist. Die Verbraucher müssen allerdings für die Differenz zwischen Einspeisevergütungen und den Verkaufseinnahmen an der Börse aufkommen. Vor der Gesetzesänderung 2010, die auf Drängen der Energiewirtschaft umgesetzt wurde, wurde der EEG-Strom gar nicht an der Börse gehandelt. Erst seit der Novelle geht die EEG-Umlage durch die Decke.


© IWR, 2013