Atomkraft-Betreiber pleite - Rückbau des THTR in Hamm könnte Bund und Steuerzahler teuer zu stehen kommen

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Dortmund – Die Hochtemperatur-Kernkraftwerk GmbH (HKG), Betreiberin des Thorium-Hochtemperaturreaktors (THTR-300) in Hamm-Uentrop, ist insolvent. Das Amtsgericht Dortmund hat am 23. September 2025 die vorläufige Insolvenzverwaltung über das Vermögen der HKG angeordnet. Wer die Rückbaukosten nun übernehmen muss, zeichnet sich bereits ab.
Im Jahr 1989 wurde das THTR-Atomkraftwerk nach einem Störfall stillgelegt. Zwar tragen Bund, Land und Betreiber gemeinsam die Kosten der Nachsorge, doch mit Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom Juni 2025 muss das Land NRW nicht über die bisherigen Finanzverpflichtungen hinaus zahlen. Im Falle der Insolvenz dürften die Kosten für den Rückbau faktisch vom Bund getragen werden, da dieser gesetzlich für die Sicherstellung der nuklearen Sicherheit verantwortlich ist.
Insolvenz: Dr. David Bunzel von Husemann & Partner vorläufiger Insolvenzverwalter
Ziel des Insolvenzverfahrens ist es, die geordnete Stilllegung des Kernkraftwerks durch den sogenannten sicheren Einschluss fortzuführen und den planmäßigen Rückbau des THTR-300 langfristig zu sichern. Die Löhne und Gehälter der Mitarbeiter sind im Rahmen des vorläufigen Verfahrens gesichert.
Dr. Bunzel erklärte: „Wir werden uns zunächst einen umfassenden Überblick über die wirtschaftliche Gesamtsituation verschaffen und die Stabilisierung des Geschäftsbetriebs in den Fokus rücken. Dabei werden wir in Abstimmung mit allen Beteiligten geeignete Lösungen entwickeln, um die Sicherheit und den Rückbau des Kernkraftwerks weiterhin zu gewährleisten.“
Die HKG ist mehrheitlich im Besitz von RWE Power (ca. 39 %), der Eon-Tochter Preussen Elektra (ca. 39 %) sowie der Arbeitsgemeinschaft Versorgungsunternehmen (AGV, ca. 22 %), einem Zusammenschluss kommunaler Energieversorger, darunter die Stadtwerke Bielefeld, Hagen, Aachen und Wuppertal. Die finanzielle Verantwortung für Rückstellungen und Nachsorgekosten verteilt sich anteilig auf diese Gesellschafter.
Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf als Auslöser?
Dem Insolvenzverfahren ging eine Entscheidung des OLG Düsseldorf voraus: Das Land NRW muss nicht zusätzlich für die Stilllegung oder den Rückbau des THTR aufkommen. Eine von der HKG angestrengte Feststellungsklage, die über die vertraglich geregelten Beiträge hinausgehende öffentliche Mittel forderte, wurde abgewiesen. Damit muss die HKG die verbleibenden Kosten eigenständig tragen.
Über den THTR-300 in Hamm-Uentrop
Der Bau des THTR-300 dauerte 15 Jahre und kostete rund 2 Mrd. Euro. Die erste Netzeinspeisung erfolgte am 16. November 1985. Am 4. Mai 1986 kam es zu einem Störfall, kurz nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl: Ein Ventil wurde geöffnet, um kontaminierten Graphitstaub aus dem Reaktordruckbehälter zu entfernen. Dabei wurden radioaktive Partikel freigesetzt, die durch die Abluftfilter entwichen. Zunächst wurde der Vorfall nicht öffentlich bekannt. Spätere unabhängige Messungen bestätigten den Störfall, wodurch das Misstrauen in die Atomenergie weiter wuchs.
Seit der Stilllegung 1989 befindet sich der THTR im sicheren Einschluss, der bis 2027 fortgeführt werden soll.
Rückbau-Kosten könnten weiter auf über eine Milliarde Euro steigen – Kostenübernahme strittig
Während die Kosten für die Lagerung des Atommülls aus dem Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung (KENFO) finanziert werden, sind die Betreiber des THTR-300 für den Rückbau selbst verantwortlich. Nach Schätzungen der NRW-Landesregierung von 2021 belaufen sich die Rückbaukosten auf rund 750 Millionen Euro. Unter Berücksichtigung der Inflation könnten die Kosten nach Schätzungen aber auf eine Milliarde Euro steigen.
Die bisherigen Ausgaben betreffen nur den sicheren Einschluss des Reaktors und summieren sich auf 441 Millionen Euro. Davon hat der Bund 133 Millionen Euro getragen, das Land NRW 152 Millionen Euro und die Betreibergesellschaft HKG 156 Millionen Euro.
Der planmäßige Rückbau kommt erst noch, soll ab 2028 beginnen und sich voraussichtlich bis 2044 erstrecken. Die dabei anfallenden Kosten für den Abbruch des Reaktors und der Gebäude sind noch nicht berücksichtigt und kommen zusätzlich hinzu.
Insgesamt lagern derzeit zudem 305 CASTOR-Behälter mit rund 675.000 bestrahlten Kugeln im Brennelemente-Zwischenlager Ahaus und warten auf die sichere Endlagerung. Am Ende könnten die weiteren Kosten für den Rückbau allein auf den Bund übergehen, da nur er faktisch für die Sicherstellung der nuklearen Sicherheit verantwortlich ist. Die Kosten der Endlagerung des Atommülls werden dagegen aus dem Atomfonds des Bundes bezahlt.
Quelle: IWR Online
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