Energiewende braucht deutlich weniger Stromnetze
Nürnberg - Die Bundesregierung forciert im Rahmen der Energiewende den großzügigen Ausbau der Stromnetze. Aber sind die neuen Überlandleitungen überhaupt noch notwendig, wenn in einigen wenigen Jahren die großen Atom- und Kohlekraftwerke gar nicht mehr am Netz sind? Milliarden-Einsparungen sind möglich, so das Ergebnis einer Studie.
Es könnte ein kurzer, aber teurer Übergangszeitraum werden, in dem die großen Atom-und Kohlekraftwerke noch am Netz sind und parallel dazu der Ausbau erneuerbarer Energien voranschreitet. Bis 2019 werden nach derzeitigem Stand mindestens 2.700 MW Braunkohlekraftwerke abgeschaltet und in die Reserve geschoben, bis 2023 produzieren weitere rd. 11.500 MW Atomkraftwerke keinen Strom mehr. Das hat auch Auswirkungen auf die Netzplanungen.
Teure HGÜ-Leitungen nicht notwendig?
Die N-ergie AG aus Nürnberg hat jetzt die Studie „Dezentralität und zellulare Optimierung – Auswirkungen auf den Netzausbaubedarf“ vorgestellt. „Die heutige Netzausbauplanung wird den vielen technischen Entwicklungen zur Integration der erneuerbaren Energien nicht gerecht“, versichert Josef Hasler, Vorstandsvorsitzender der N-ergie Aktiengesellschaft. „Der weitere Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland lässt sich auch mit der Hälfte der im Netzentwicklungsplan vorgesehenen HGÜ-Trassen realisieren.“
Strom lokal und regional erzeugen - Netz-Einsparungen in Höhe von 1,7 Mrd. Euro pro Jahr möglich
Während die Politik bisher den einfachen Ausbau der Stromleitungen favorisieren (Top-Down Ansatz), untersuchen die Forscher in der Studie einen anderen Weg. Sie konzentrierten sich auf die Parameter, die in der heutigen Netzentwicklungsplanung ihrer Ansicht nach wenig beachtet werden. Dazu zählen die Ansiedlung der Erneuerbare Energien-Anlagen, die Flexibilität von Verbrauchern, Verteilung der KWK-Anlagen und ein optimales Einspeisemanagement für die erneuerbaren Energien.
Die Studie zeigt, dass wegen der Netzplanung keine Notwendigkeit besteht, den Ausbau erneuerbarer Energien zu dämpfen. Im Gegenteil: Bei Einsatz der vorgeschlagenen Maßnahmen lässt sich dieselbe erneuerbare Erzeugung mit wesentlich weniger Netzausbau realisieren, so die Studie.
Aktueller Netzausbau-Plan der Bundesregierung verursacht hohe Folgekosten
„Der derzeit propagierte Plan der Bundesregierung verursacht Folgekosten, die letztendlich über Netzentgelte von der Allgemeinheit getragen werden müssen. Außerdem werden gerade die lokal engagierten Akteure ausgebremst“, betont Josef Hasler. „Regionale Wertschöpfung und ein reduzierter Netzausbau fördern die Akzeptanz der Energiewende und damit den weiteren Ausbau von erneuerbaren Energien und Innovationsleistungen wie Speichertechnologien.“
Hasler plädiert deshalb für einen zellularen Ansatz, in die Energieerzeugung entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip folgt, d.h. soweit möglich wird erst auf der lokalen und regionalen Ebene erzeugt, gespeichert und verbraucht.
Quelle: IWR Online
© IWR, 2016