09.09.2016, 12:15 Uhr

Heftige Reaktionen auf Hendricks ambitioniertes Umweltprogramm

Berlin – Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hat ein 148 Seiten umfassendes Umweltprogramm vorgestellt. Es sei Zeit für eine neue, gestärkte Umweltpolitik, so Hendricks. Unter anderem wird ein neues Ökosiegel zum Beispiel für Elektrogeräte vorgeschlagen.

Eines der Ziele des Umweltprogramms ist die Stärkung eines nachhaltigen Konsumverhaltens. Verbraucher sollen sich mit Hilfe des neuen Ökosiegels als "zweitem Preisschilds" über die Umweltkosten von besonders umweltrelevanten Produkten und Dienstleistungen informieren können. Ein weiterer wichtiger Punkt ist eine Beschränkung für Intensivtierhaltungsanlagen. Die Reaktionen auf Hendricks Vorschläge fallen höchst unterschiedlich aus.

Hendricks: Ein "Weiter so" kann es nicht geben

Hendricks hat sich für eine Stärkung der Umweltpolitik ausgesprochen: "Unser Planet stößt an die Grenzen seiner Belastbarkeit. Ein einfaches "Weiter so" kann es nicht geben. Es ist Zeit für eine neue, gestärkte Umweltpolitik, die sich der globalen Herausforderungen systematisch annimmt und einen grundlegenden ökologischen Wandel einleitet." Das "Integrierte Umweltprogramm 2030" des Bundesumweltministeriums (BMUB) formuliert Leitziele und Vorschläge, wie Schlüsselbereiche von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft umweltgerecht und nachhaltig gestaltet werden können. Hendricks: "Würden alle Menschen auf der Welt so leben wie wir, dann bräuchten wir drei Planeten." Armut, Hunger, Arbeitslosigkeit und kriegerische Konflikte seien in vielen Ländern Folgen einer nicht-nachhaltigen Entwicklung.

Initiativrecht für BMUB, "zweites Preisschild", Einschränkung von Massentierhaltung

In der Finanzpolitik spricht sich das Umweltprogramm für eine Weiterentwicklung der ökologischen Steuerreform aus. Zur Stärkung der Umweltpolitik des Bundes schlägt Hendricks vor, dem Bundesumweltministerium ein Initiativrecht in anderen Geschäftsbereichen der Bundesregierung einzuräumen. Das Umweltprogramm spricht für eine deutliche Stärkung der naturnahen und ökologischen Landwirtschaft aus. Durch mehrere Maßnahmen soll zudem nachhaltiges Konsumverhalten gestärkt werden. Das BMUB will ein Konzept für ein "zweites Preisschild" entwickeln, das die Umweltwirkungen von besonders umweltrelevanten Produkten und Dienstleistungen darstellen soll. Das BMUB setzt sich auch dafür ein, die planungsrechtliche Steuerung von Tierhaltungsanlagen zu verbessern. Durch eine Novelle zum Baugesetzbuch sollte die Privilegierung von Intensivtierhaltungsanlagen im Außenbereich weiter eingeschränkt werden.

Reaktionen: Hendricks zwischen "Größenwahn" und mangelndem Durchsetzungsvermögen

Die politischen Reaktionen zielen auf verschiedene Aspekte des Umweltprogramms von Hendricks. Der Grünen- Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Anton Hofreiter, findet ein Umweltprogramm 2030 "gut und wichtig", glaubt aber nicht an eine Umsetzung. "Zu häufig wurden Programme der Umweltministerin von Kabinettskollegen entkernt." Hofreiter erwartet mehr Durchsetzungsvermögen von Frau Hendricks.

Für die Junge Union erklärte Frank Müller, Vorsitzender der JU-Bundesfachkommission für Landwirtschaft und Umwelt: "Barbara Hendricks möchte das Bundesumweltministerium zu einem Überministerium ausbauen. Die Forderung, über die eigene Ressortzuständigkeit hinaus ein Initiativrecht für Fragen der Energie-, Landwirtschafts- und Verkehrspolitik zu erhalten, offenbart einen beängstigenden Größenwahn. " Hendricks verkenne, dass die deutsche Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft bereits große Beiträge zum Umwelt- und Klimaschutz geleistet habe, so Müller. Bei der Fortentwicklung der Landwirtschaft müssten gesellschaftliche Ansprüche mit wirtschaftlicher Tragfähigkeit verknüpft werden.

Beifall kommt vom Naturschutzbund Deutschland e.V. (NABU). Bundesgeschäftsführer Leif Miller: "Der NABU begrüßt, dass Frau Hendricks ein neues Umweltprogramm vorgelegt hat, mit dem sie die drängenden ökologischen Probleme in Deutschland, aber auch international angehen möchte.“ Man teile die Auffassung, dass eine radikale Reform der Agrarpolitik nötig ist.

Quelle: IWR Online

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