Klimaziel 2022 knapp erreicht: Treibhausgasemissionen gehen in Deutschland leicht zurück
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Berlin - Das Umweltbundesamt (UBA) hat vorläufige Zahlen der nationalen Treibhausgasemissionen im Jahr 2022 veröffentlicht. Gegenüber 2021 sind die Emissionen sektorübergreifend leicht gesunken, die Zielmarke des Bundes-Klimaschutzgesetzes für 2022 wird eingehalten.
Im Jahr 2022 wurden nach vorläufigen Berechnungen des Umweltbundesamtes rd. 2 Prozent weniger Treibhausgase in Deutschland ausgestoßen als im Vorjahr 2021. Der Rückgang der Treibhausgasemissionen betriff dabei nicht alle relevanten Emissionsbereiche. Insbesondere im Verkehrssektor gibt es keine Trendwende, hier ist sogar ein erneuter Anstieg zu verzeichnen. Am stärksten sanken die Emissionen 2022 gegenüber dem Vorjahr 2021 im Industriesektor. Im Energiesektor hat die Atomkrise in Frankreich zu einem deutlichen Anstieg der Kohleverstromung geführt.
Emissionen 2022 knapp unter der laut Bundes-Klimaschutzgesetzes zulässigen Menge
Im Jahr 2022 sind die Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen) in Deutschlands leicht um 1,9 Prozent gesunken. In Summe wurden rund 746 Millionen Tonnen (Mio. t) CO2-Äquivalente (CO2e) freigesetzt, das sind gut 15 Mio. t weniger als 2021. Insgesamt sind die Emissionen seit 1990 in Deutschland somit um 40,4 Prozent gesunken.
In Summe wurden damit zudem die Zielwerte des Bundes-Klimaschutzgesetzes (KSG) leicht unterschritten, sektorspezifisch zeigt sich jedoch ein heterogenes Bild. Bei der Energieerzeugung konnte die Zielmarke für 2022 knapp eingehalten werden - trotz zahlreicher Notfallmaßnahmen, wie die Inbetriebnahme stillgelegter Kraftwerke. Dies liegt in erster Linie am zunehmenden Ausbau erneuerbarer Energien und damit einhergehend der steigenden regenerativen Stromproduktion. Am stärksten sanken die Emissionen gegenüber dem Vorjahr (2021) im Industriesektor. Insbesondere im Verkehrssektor gibt es dagegen keine Trendwende, hier ist sogar ein erneuter Anstieg zu verzeichnen. Im Gebäudebereich verringerten sich die Emissionen zwar, die vorgesehene Zielmarke des KSG wird allerdings weiter überschritten.
„Ich hatte angesichts der Folgen des russischen Angriffskriegs mit schlechteren Zahlen im Energiebereich gerechnet. Denn schließlich haben wir im letzten Jahr eine Menge alter Kohlekraftwerke ans Netz nehmen müssen. Dass wir trotzdem im Energiebereich die Vorgaben des Klimaschutzgesetzes weitestgehend einhalten, liegt maßgeblich an der neuen Dynamik beim Ausbau erneuerbarer Energien. Im Wärmebereich sind wir zwar nicht da, wo wir sein sollten und sein wollen, aber man sieht auch hier, dass Maßnahmen wie Sanierungen und der beginnende Hochlauf der Wärmepumpen wirken“, kommentiert Bundeswirtschaft- und Klimaschutzminister Robert Habeck die vorläufigen UBA-Zahlen.
Ergebnisse nach Sektoren - Energiesektor knapp im Plan, Verkehrssektor verfehlt Ziele, Industrie senkt Emissionen wegen Preisanstieg
Im Energiesektor wurde die Zielmarke von 257 Mio. Tonnen CO2 für das Jahr 2022 mit realen Emissionen von 256 Mio. Tonnen knapp eingehalten. Verglichen mit dem Vorjahr 2021 ergibt sich damit allerdings ein deutlicher Anstieg um rund 10,7 Mio. Tonnen CO2e. Der Grund für den Anstieg: Zwar wurden einerseits Einsparungen beim Erdgas realisiert, insbesondere aufgrund der Stromknappheit in Frankreich infolge des Ausfalls riesiger Mengen an Atomstrom und der damit einhergehenden Stromlücke von rund 80 Mrd. kWh Atomstrom mussten die Nachbarländer allerdings einspringen. In Deutschland wurde daher mehr Strom aus Stein- und Braunkohle erzeugt, was für zusätzliche Emissionen gesorgt hat. Die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, die gegenüber dem Vorjahr 2021 um etwa neun Prozent gestiegen ist, konnte diesen Effekt aber dämpfen.
Die Sektoren Verkehr und Gebäude lagen 2022 nach den UBA Berechnungen wieder über den im KSG festgelegten Zielmarken. Im Verkehr wurden 2022 rund 148 Mio. t CO2e emittiert. Damit liegen die Emissionen dieses Sektors rund 1,1 Mio. t (0,7 Prozent) über dem Wert von 2021 und rund 9 Mio. t über der für 2022 zulässigen Jahresemission von 138,8 Mio. t CO2e. Der Verkehr ist der einzige Sektor, der gleichzeitig sein Ziel verfehlt und einen Emissionsanstieg gegenüber dem Vorjahr verzeichnet.
Nachdem 2021 im Sektor Industrie die nach dem KSG festgelegte Höchstmenge noch knapp überschritten wurde, sanken die Emissionen 2022 deutlich um 19 Mio. t CO2e bzw. 10,4 Prozent auf 164 Mio. t CO2e. Hier wirken sich die durch den Ukrainekrieg stark gesunkenen Energieeinsätze infolge der inflations- und krisenbedingt stark gestiegenen Energiepreise aus. Mit Ausnahme von Steinkohlen, deren Einsatz sich auf dem Niveau von 2021 bewegt, sanken die Energieeinsätze der anderen fossilen Energieträger. Daher sind auch die Produktionszahlen teilweise rückläufig, insbesondere bei den energieintensiven Industrien.
Bei den Gebäuden kam es 2022 zu einer Emissionsminderung von knapp 6 Mio. t CO2e (minus 5,3 Prozent) auf rund 112 Mio. t CO2e. Trotz dieses Rückgangs überschreitet der Gebäudesektor wie bereits 2021 die zulässige Menge von 107,4 Mio. t CO2e. Die Emissionsreduzierung im Gebäudesektor resultiert vor allem aus den gestiegenen Energiepreisen, die zu einer Einsparung der Energieeinsätze führte. Die milde Witterung unterstützte diese Einsparung.
Im Sektor Landwirtschaft sind die THG-Emissionen um gut 0,9 Mio. t CO2e (minus 1,5 Prozent) auf 62 Mio. t CO2e zurückgegangen. Der Sektor bleibt damit deutlich unter dem für 2022 festgelegten Zielwert von 67,6 Mio. t CO2e.
Die Emissionen des Abfallsektors sanken gegenüber dem Vorjahr um rund 4,5 Prozent auf gut 4,3 Mio. t CO2-Äquivalente. Damit bleibt der Abfallsektor erneut unter dem im KSG festgelegten Wert von 8,5 Mio. t CO2e.
Bundesregierung arbeitet an Klimaschutz-Sofortprogramm
Die 2022er-Emissionsdaten werden nun vom Expertenrat für Klimafragen geprüft. Dieser legt innerhalb eines Monats eine Bewertung der Daten vor. Anschließend haben die jeweils zuständigen Ministerien laut Gesetz drei Monate Zeit, ein Maßnahmen-Sofortprogramm vorzulegen, das geeignet ist, den Gebäude- und Verkehrssektor auf den vorgesehenen Zielpfad zu bringen. Die Bundesregierung arbeitet allerdings bereits an einem Klimaschutz-Sofortprogramm, das diese Anforderungen so weit wie möglich erfüllen soll.
Quelle: IWR Online
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