09.05.2019, 11:11 Uhr

Kommt der Kraftstoff der Zukunft aus der Klimaanlage?


© Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

Karlsruhe - Die Suche nach alternativen Treibstoffen hat Forscher aus Deutschland und Kanada zu einer ungewöhnlichen Idee inspiriert. Mit vorhandenen Klima- und Lüftungsanlagen sollen aus Kohlendioxid (CO2) und Wasser aus der Umgebungsluft synthetische Kraftstoffe hergestellt werden.

Forscher des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und der University of Toronto schlagen das "crowd oil" Konzept vor. Dabei sollen kompakte Anlagen direkt in Gebäuden CO2 aus der Umgebungsluft abtrennen und synthetische Kohlenwasserstoffe herstellen. Allerdings könnte selbst bei einer flächendeckenden Einführung der heutige Bedarf an flüssigen Kraftstoffen nicht ersetzt werden, räumen die Forscher ein.

Wind- und Solarstrom und Kohlendioxid ergibt synthetische Kraftstoffe

In einem zukünftigen klimafreundlichen Energiesystem könnten synthetische Energieträger einen wesentlichen Baustein darstellen: „Wenn wir den erneuerbaren Wind- und Solarstrom sowie Kohlenstoffdioxid direkt aus der Umgebungsluft nutzen, um Kraftstoffe herzustellen, dann können wir große Mengen an Treibhausemissionen vermeiden“, sagt Professor Roland Dittmeyer vom Institut für Mikroverfahrenstechnik (IMVT) des KIT. Ein Forscherteam rund um Dittmeyer und Professor Geoffrey Ozin von der University of Toronto (UoT) in Kanada schlägt nun vor, die Herstellung synthetischer Energieträger zukünftig dezentral zu organisieren – und mit bestehenden Lüftungs- und Klimaanlagen in Gebäuden zu koppeln. Die notwendigen Technologien seien dafür im Wesentlichen vorhanden und durch die thermische und stoffliche Integration der einzelnen Prozessstufen ließe sich eine hohe Kohlenstoffausnutzung und eine hohe Energieeffizienz erreichen, so Dittmeyer.

Großes Potenzial allein bei den 25000 Supermärkten

In einer gemeinsamen Veröffentlichung in der Fachzeitschrift Nature Communications zeigen die Wissenschaftler um Roland Dittmeyer vom KIT und Geoffrey Ozin von der UoT anhand quantitativer Betrachtungen am Beispiel von Bürogebäuden, Supermärkten und Energiesparhäusern das CO2-Einsparungspotenzial ihrer Vision von dezentralen, an Gebäudeinfrastruktur gekoppelten Konversionsanlagen. Sie schätzen, dass ein signifikanter Anteil der in Deutschland für Mobilität eingesetzten fossilen Energieträger durch „crowd oil“ ersetzt werden könnte. Nach den Berechnungen des Teams würde beispielsweise allein die Menge CO2, die potenziell in den Lüftungsanlagen der rund 25 000 Supermärkte der drei größten Lebensmittelhändler Deutschlands abgeschieden werden könnte, ausreichen, um etwa 30 Prozent des Kerosinbedarfs oder rund acht Prozent des Dieselbedarfs in Deutschland zu decken. Zudem wäre eine Verwendung der erzeugten Energieträger in der chemischen Industrie als universelle Synthesebausteine möglich.

Quelle: IWR Online

© IWR, 2019