08.05.2017, 15:18 Uhr

Stromnetzausbau kommt langsam in Gang

Bonn/Münster – Im neuen Jahresbericht der Bundesnetzagentur geht es auch um den Stand des Stromnetzausbaus in Deutschland. Von etwa 7.700 Kilometer Höchstspannungsleitungen, die mit hoher Priorität gebaut werden müssen, sind demnach etwa 850 Kilometer realisiert. Oppositionspolitiker bemängeln in diesem Zusammenhang eine "verkorkste Energiepolitik".

Die Bundesnetzagentur hat den Jahresbericht für das Jahr 2016 vorgestellt. Neben Telekommunikation, Post und Eisenbahn ist dabei auch das Thema Strom von Bedeutung. Weiterhin werden im Strombereich erhebliche Netzreserve-Kapazitäten benötigt, um das deutsche Stromnetz in kritischen Situationen stabil zu halten.

Stand Netzausbau: 850 von 7.700 Kilometer Höchstspannungsleitungen realisiert

Laut Bundesnetzagentur müssen etwa 7.700 Kilometer Höchstspannungsleitungen mit hoher Priorität gebaut werden. Davon entfallen rund 1.800 Kilometer Leitungen auf Projekte aus dem Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) in Zuständigkeit der Länder und 5.900 Kilometer Leitungen auf Projekte aus dem Bundesbedarfsplangesetz (BBPIG). Insgesamt sind etwa 850 der 7.700 Kilometer realisiert. Von den Leitungen aus dem BBPIG sind rund 450 Kilometer genehmigt und fast 150 Kilometer realisiert.

Bei dem benötigten Ausbau handelt es sich aber nicht in jedem Fall um tatsächliche neue Trassen auf der grünen Wiese. Allein im BBPIG entfallen rund 3.000 der insgesamt 5.900 Trassen-Kilometer auf Netzverstärkungsmaßnahmen. Darunter fallen Um- und Zubeseilungen sowie Neubauten in bestehenden Trassen.

Netzstabilisierende Maßnahmen – zunächst mehr Netzreserve

Bis die Stromleitungen in Betrieb gehen, wird weiterhin eine Netzreserve benötigt, um das deutsche Stromnetz in kritischen Situationen stabil zu halten. Die Analysen für den Winter 2017/2018 zeigen einen steigenden Bedarf an Reserveleistung in Höhe von 10.400 Megawatt (MW) (2016/2017: 5.400 MW). Im darauffolgenden Winter 2018/2019 ist, auch wegen des geplanten Engpassmanagements an der Grenze zu Österreich, mit einer deutlichen Entspannung bei der Netzreserve zu rechnen.

Nach dem starken Anstieg 2015 ist die Zahl der Eingriffe der Netzbetreiber in den Kraftwerksbetrieb 2016 insbesondere aufgrund günstiger Witterungsbedingungen und der Fertigstellung der „Thüringer Strombrücke“ zurückgegangen, so die Bundesnetzagentur. Die Redispatch- und Einspeisemanagementmaßnahmen verringerten sich um rund ein Viertel.

Grüne: Netzausbau darf nicht Laufzeitverlängerung von Kohlekraftwerken dienen

Kritik am schleppenden Ausbau der Stromnetze kommt von Oliver Krischer Fraktionsvize der Bundestagsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen: Dass der Stromnetzausbau in Deutschland nur schleppend vorankommt, sei Ergebnis einer verkorksten Energiepolitik der Bundesregierung, so Krischer. Zudem verstopfe Strom aus Kohle- und Atomkraftwerken weiter die Netze. Die Große Koalition habe es bis heute nicht geschafft, die Verfahren entscheidend voranzubringen. „Solange Union und SPD nicht den Kohleausstieg angehen, wird es Akzeptanz-Probleme bei neuen Leitungen geben. Wenn Menschen den Eindruck haben, neue Stromleitungen dienten nur der Laufzeitverlängerung von Kohlekraftwerken, ist der Netzausbau schwer zu vermitteln“, so Krischer.

Quelle: IWR Online

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