Studie: Mindestabstände bei Windenergie bremsen Energiewende aus
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Berlin – Auf Ebene der regionalen und kommunalen Planung werden oft pauschale Mindestabstände zwischen Windenergieanlagen (WEA) und Wohngebieten festgelegt. Befürworter versprechen sich davon eine stärkere Akzeptanz. Für den Ausbau der Windenergie und die Energiewende sind die Abstände jedoch kontraproduktiv.
Im Zuge der Genehmigung von Windenergieanlagen werden die Belange der Anwohner aus immissionsschutzrechtlicher Sicht und hinsichtlich weiterer möglicher Beeinträchtigungen geprüft. Auf dieser Grundlage ergeben sich Abstände, die i.d.R. deutlich niedriger sind, als die vielfach herangezogenen pauschalen Mindestabstände. Das Umweltbundesamt (UBA) hat die Auswirkungen der Mindestabstände auf die Windenergie und die Energiewende untersucht.
Mindestabstände gefährden Energiewende-Beitrag der Windenergie
Mit dem Ziel einer verbesserten Akzeptanz der Windenergie werden oft pauschale, verpflichtende Mindestabstände von WEA zu Wohngebieten festgesetzt. Beispielsweise hat das Bundesland Nordrhein-Westfalen diese mit der Verabschiedung des neuen Landesentwicklungsplans (LEP) im Februar 2019 unlängst umgesetzt. Im dichtbesiedelten NRW gilt gemäß LEP nunmehr ein Mindestabstand von 1.500 m.
Eine aktuelle Analyse des UBA hat die Auswirkungen von Mindestabständen zwischen Windenergieanlagen und Siedlungen quantifiziert. Demnach würde die Festsetzung genereller Siedlungsabstände die Kapazitäten für die Windenergienutzung stark reduzieren. Bereits bei einem Mindestabstand von 1.000 Metern zu benachbarten Wohngebieten würde sich die vorhandenen Flächen um 20 bis 50 Prozent und das gesamte Leistungspotenzial von derzeit noch 80 Gigawatt auf 40 bis 60 Gigawatt reduzieren. Bei 1.200 Metern Mindestabstand sinkt das Leistungspotenzial sogar auf nur 30 bis 50 Gigawatt. Auch das Repoweringpotenzial bestehender Windparks wird mit zunehmendem Siedlungsabstand stark reduziert. Langfristig wäre bei pauschalen Abständen bestenfalls ein viel zu geringfügiger Zubau möglich - und die Klimaschutzziele werden nicht erreicht, so das Fazit des UBA.
Prüfung der Gesundheits- und Umweltschutzbelange anstelle pauschaler Abstände
Unter immissionsschutzrechtlichen Gesichtspunkten wird im Rahmen der Genehmigung von Windenergieanlagen standortspezifisch geprüft, ob durch den Betrieb der WEA schädliche Umweltauswirkungen durch Geräuschimmissionen zu befürchten sind. Grundlage ist die TA Lärm, die u.a. Richtwerte für die zulässigen Schallpegel an Immissionsorten in Abhängigkeit von der Art der baulichen Nutzung sowie Tageszeit (tagsüber/nachts) festlegt. Werden die Richtwerte nicht eingehalten, werden die WEA nicht genehmigt oder müssen zu bestimmten Zeiten abgeschaltet werden.
Hinsichtlich der im Einzelfall im Genehmigungsverfahren zu klärenden Frage, ob von der/den WEA eine optisch bedrückende Wirkung ausgeht, ist es der aktuellen Rechtsprechung folgend i.d.R. ausreichend, wenn der Abstand zwischen WEA und Wohnbebauung mindestens dem Dreifachen der Gesamthöhe der WEA entspricht. Bei einer 200 m hohen Anlage resultiert demnach ein Abstand von 600 m, ein Wert der weit unter den vielfach herangezogenen Abständen von 1.000 m und mehr liegt.
Das UBA empfiehlt für die WEA-Genehmigungsverfahren anstelle pauschaler Mindestabstände die Berücksichtigung der standortspezifischen Gegebenheiten, um so dem Schutz der Bevölkerung vor Schallemissionen und anderen Beeinträchtigungen ausreichend Rechnung zu tragen. Pauschale Mindestabstände bergen zudem das Risiko, dass sich der Nutzungsdruck auf Waldflächen oder bisher unzerschnittene Landschaftsräume erhöht, so das UBA.
Quelle: IWR Online
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