06.11.2025, 16:27 Uhr

UN-Report warnt: Klimapläne reichen nicht aus - Welt steuert auf gefährliche Erderwärmung von bis zu 2,8 °C zu


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Nairobi (Kenia) - Der neue Emissions Gap Report des UN-Umweltprogramms (UNEP) zeigt: Die globalen Klimaziele geraten zunehmend außer Reichweite. Trotz aktualisierter Zusagen der Staaten scheint der Pfad zur Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad immer schwerer erreichbar - mit gravierenden Folgen für Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft.

Laut UNEP-Bericht wird die Welt bis zum Ende des Jahrhunderts voraussichtlich um 2,3 bis 2,5 Grad wärmer - trotz neuer Klimapläne. Methodische Anpassungen kaschieren die fehlende Wirkung realer Maßnahmen. Besonders problematisch: Viele Staaten sind bei der Umsetzung ihrer Klimaziele nicht auf Kurs. Mangelnde Ambition und Maßnahmen lassen ein Überschreiten der 1,5 Grad-Marke näher rücken.

Kaum Fortschritte trotz neuer Zusagen

Das UN-Umweltprogramm (UNEP) warnt in seinem Emissions Gap Report 2025 mit dem Titel Off Target, dass die aktuellen Klimaversprechen der Staaten kaum Wirkung zeigen. Demnach liegt die prognostizierte globale Erwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts nun bei 2,3 bis 2,5 Grad Celsius - im Vorjahr waren es 2,6 bis 2,8 Grad. Würden lediglich die aktuell gültigen politischen Maßnahmen umgesetzt, würde die Erwärmung sogar auf bis zu 2,8 Grad steigen.

Dabei erklären methodische Anpassungen rund 0,1 °C der Verbesserung - ein Drittel des Gesamtgewinns und der bevorstehende Austritt der USA aus dem Pariser Abkommen wird laut UNEP weitere 0,1 °C. Das bedeutet, dass die neuen NDCs selbst kaum einen Unterschied gemacht haben. Damit sind die Staaten weit davon entfernt, die Erwärmung deutlich unter zwei Grad und möglichst auf 1,5 Grad zu begrenzen.

UN-Generalsekretär António Guterres mahnte: „Die Wissenschaftler sagen uns, dass ein vorübergehendes Überschreiten von 1,5 Grad jetzt unvermeidlich ist - spätestens zu Beginn der 2030er Jahre. Und der Weg zu einer lebenswerten Zukunft wird von Tag zu Tag steiler. Aber das ist kein Grund, aufzugeben.“ Guterres forderte, die Ambitionen deutlich zu steigern: „1,5 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts bleiben unser Nordstern.“

Auch UNEP-Exekutivdirektorin Inger Andersen kritisierte das mangelnde Tempo: „Die Staaten hatten drei Versuche, die im Rahmen des Pariser Abkommens gegebenen Versprechen einzuhalten, und jedes Mal verfehlten sie ihr Ziel.“ Zwar gebe es Fortschritte, diese seien jedoch bei weitem nicht schnell genug. „Deshalb brauchen wir weiterhin beispiellose Emissionssenkungen in einem immer enger werdenden Zeitfenster, vor dem Hintergrund zunehmend herausfordernder geopolitischer Bedingungen“, so Andersen weiter.

Emissionen steigen weiter - geopolitische Hürden bremsen Klimaschutz

Bis Ende September 2025 hatten lediglich 60 Vertragsparteien des Pariser Abkommens - zusammen für 63 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich - neue Klimaziele für 2035 eingereicht oder angekündigt. Die weltweiten Treibhausgasemissionen stiegen 2024 weiter an und erreichten rund 57,7 Gigatonnen CO2-Äquivalent - ein erneuter Anstieg um 2,3 % gegenüber dem Vorjahr.

Die Emissionen müssten bis 2030 gegenüber 2019 um etwa 25 % sinken, um auf den 2-°C-Pfad zu gelangen - und um rund 40 % oder mehr, um die 1,5-°C-Möglichkeit realistisch zu wahren. Der Bericht zeigt jedoch, dass die derzeitigen nationalen Beiträge lediglich eine Reduktion um etwa 15 Prozent bis 2035 ermöglichen - weit unter dem erforderlichen Niveau.

Ein zentrales Problem bleibt das geopolitische Umfeld. Konflikte, wirtschaftliche Unsicherheiten und unzureichende Finanzhilfen für Entwicklungsländer bremsen den Klimaschutz. Die G20-Staaten stehen besonders im Fokus: Sie verursachen 77 Prozent der globalen Emissionen, verfehlen jedoch kollektiv ihre eigenen Klimaziele. 2024 stiegen ihre Emissionen erneut um 0,7 Prozent.

Gleichzeitig verweist der Bericht auf vorhandene Lösungsansätze. „Bewährte Lösungen existieren bereits. Vom raschen Wachstum kostengünstiger erneuerbarer Energien bis hin zur Bekämpfung von Methanemissionen – wir wissen, was zu tun ist. Jetzt ist die Zeit für die Länder, alles zu geben und in ihre Zukunft mit ehrgeizigen Klimamaßnahmen zu investieren – Maßnahmen, die schnelleres Wirtschaftswachstum, bessere Gesundheit, mehr Arbeitsplätze, Energiesicherheit und Resilienz bringen“, betont Andersen.

Fazit: Zeitfenster schließt sich rasch

Der UNEP-Bericht zeichnet ein klares Bild: Ohne sofortige und tiefgreifende Emissionssenkungen wird die Welt das 1,5-Grad-Ziel deutlich überschreiten. Zwar bleiben Gegenmaßnahmen technisch möglich, doch politisch und wirtschaftlich wird das Zeitfenster immer enger. Der Bericht zeigt, dass ein Szenario ‚schnelle Minderungsmaßnahmen ab 2025‘ das Überschreiten der 1,5 °C Marke auf etwa 0,3 °C begrenzen und bis 2100 eine Rückkehr zu 1,5 °C ermöglichen könnte. Jeder vermiedene Bruchteil eines Grades zählt - für die Stabilität des Klimas ebenso wie für die globale Wirtschaft.

Quelle: IWR Online

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