Vattenfall, Shell, SAS und Lanzatech testen nachhaltiges Flugbenzin in Schweden
© Vattenfall, Lanzatech
Kopenhagen – Während die Transformation und Dekarbonisierung in der Stromwirtschaft schon relativ weit fortgeschritten ist, hinkt der Flugverkehr dieser Entwicklung noch weit hinterher. Ein Konsortium will das ändern und mit Hilfe einer US-Technologie umweltfreundlichen Flugkraftstoff in Schweden herstellen.
Die Unternehmen Vattenfall, SAS, Shell und Lanzatech planen die Produktion eines synthetischen, nachhaltigen Flugkraftstoffs (SAF) mit der „Alcohol to Jet“-Methode von Lanzajet. Neben der Elektrifizierung von Flugzeugen ist die SAF-Produktion eine weitere Möglichkeit, den Flugverkehr zu dekarbonisieren.
Nachhaltigkeit: Synthetisches Flugbenzin mit hohem Marktpotenzial
Die vier Projektpartner haben eine Absichtserklärung unterzeichnet und wollen vorbehaltlich der endgültigen Investitionsentscheidung in einer neuen Produktionsanlage jährlich zunächst bis zu 50.000 Tonnen synthetisches SAF (Sustainable Aviation Fuel) herstellen. Der synthetische SAF wird mit Hilfe der von Lanzatech und dem Pacific Northwest National Laboratory (PNNL) des US-Energieministeriums entwickelten „Alcohol to Jet“-Technologie aus fossilfreiem Strom und rückgewonnenem Kohlendioxid hergestellt. Wenn die Produktion in vollem Umfang läuft, könnte die schwedische Fluggesellschaft SAS damit in den 2030er-Jahren bis zu 25 Prozent seines weltweiten Bedarfs an nachhaltigem Flugkraftstoff decken.
Produktionsstart für nachhaltiges Flugbenzin zwischen 2026 und 2027
Der Energieversorger Vattenfall ist für die fossilfreie Stromversorgung, die Wasserstoffproduktion und die Kohlendioxidrückgewinnung zuständig und wird diesen Projektteil untersuchen. Shell wird die Kraftstoffproduktion und die Logistik erkunden und als Abnehmer des Flugkraftstoffs auftreten. Lanzatech wiederum stellt sein Know-how bei der Gasfermentation zur Herstellung von Ethanol aus den Eingangsgasströmen zur Verfügung.
Die Parteien werden Lizenzen für die „Alcohol to Jet“-Technologie von Lanzajet erwerben, um das Ethanol umzuwandeln. Lanzajet ist das Spin-off des Biotech-Unternehmens Lanzatech und auf die Produktion von nachhaltigen Flugkraftstoffen auf der Basis von Ethanol spezialisiert. Die Fluggesellschaft SAS wird sich als potenzieller Käufer des Flugbenzins beteiligen.
Eine gemeinsame Studie hat bereits vielversprechende Voraussetzungen für das Projekt aufgezeigt. Jetzt sollen weitergehende Analysen durchgeführt werden. Angestrebt wird, zwischen 2026 und 2027 die neue Produktionsanlage in der Nähe von Forsmark an der schwedischen Ostküste in Betrieb zu nehmen.
Nachhaltiges Flugbenzin von Lanzajet aus Ethanol
Das US-amerikanische Unternehmen Lanzajet hat das patentierte, gleichnamige Lanzajet-Verfahren entwickelt. Danach kann aus jeder Quelle hergestelltes, nachhaltiges Ethanol für die Umwandlung und Herstellung von Düsentreibstoffen verwendet werden. Lanzajet baut derzeit die weltweit erste „Alcohol to Jet“-Anlage (AtJ) im kommerziellen Maßstab (Kapazität: 10 Mio. Gallonen pro Jahr) in Soperton, im US-Bundesstaat Georgia. Die Anlage „Freedom Pines Fuels“ soll bereits 2022 in Betrieb gehen. Auch in der EU ist mit europäischen Partnern eine ATJ-Anlage von Lanzajet im Rahmen des Flite-Projekts (Fuel via Low Carbon Integrated Technology von Ethanol) vorgesehen. Diese Anlage soll 2024 in Betrieb gehen.
Boeing stellt Flugzeuge auf SAF-Betrieb um – Britisch Airways will ersten Treibstoff 2022 einsetzen
Bisher darf der SAF-Anteil laut der internationalen Standardisierungsorganisation ASTM am fossilen Düsentreibstoff bis maximal 50 Prozent beigemischt werden. Das muss aber nicht so bleiben. Der Flugzeugbauer Boeing hatte im Januar 2021 angekündigt, dass die Boeing-Flotte bis zum Jahr 2030 zu 100 Prozent mit nachhaltigen, biogenen Flugkraftstoffen fliegen können soll. Noch schneller ist British Airways. Die britische Fluggesellschaft hatte sich im Februar 2021 an Lanzajet beteiligt und will schon Ende 2022 den Biotreibstoff auf den ersten Flügen einsetzen.
Quelle: IWR Online
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