05.03.2014, 12:52 Uhr

RWE verliert Milliarden durch Auslands-Kraftwerke

Münster - Für die Medien war die Sache glasklar: RWE macht erstmals Milliarden-Verluste und die Energiewende in Deutschland ist Schuld. Dabei resultiert der hohe Nettoverlust bei RWE aus Fehlinvestitionen bzw. Abschreibungen auf ausländische Kraftwerke. Das bestätigte die RWE-Konzernsprecherin gegenüber IWR Online.

Der Ruf des Essener Energieversorgers RWE nach dem Staat wird immer lauter. Angesichts eines Milliardenverlusts braucht das Unternehmen laut Chef Peter Terium "sofort" Hilfe vom Staat, sonst halte man es nicht mehr lange durch, schreibt das manager magazin. Der RWE-Konzern weist zwar einen Nettoverlust in Höhe von 2,8 Milliarden Euro wegen Abschreibungen auf Kraftwerke aus, aber die Gründe für das schlechte Abschneiden sind nicht die Kraftwerke in Deutschland.

RWE-Konzern erzielt 2013 einen Gewinn von 8,8 Milliarden Euro

Der RWE-Konzern, inklusive seiner ausländischen Töchter, hat im Jahr 2013 den Umsatz leicht auf 54,1 Mrd. Euro gesteigert. Der Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (EBITDA) erreichte 8,8 Mrd. Euro, das ist ein Rückgang um 6 Prozent gegenüber 2012. Das EBITDA gibt die operative Leistungsfähigkeit eines Unternehmens an. Das betriebliche Ergebnis (EBIT) des Gesamtkonzerns sank um 8 Prozent auf einen Gewinn in Höhe von 5,9 Mrd. Euro. Nicht nur der RWE-Konzern schreibt bei den für die Finanzbranche wichtigsten Gewinnkennziffern 2013 schwarze Zahlen, auch die deutsche RWE Holding AG erzielte 2013 noch einen Jahresüberschuss in Höhe von 704 Mio. Euro.

Einmaleffekte und Fehlinvestitionen in den Benelux-Ländern und Großbritannien treiben RWE-Konzern in die Verlustzone

Die Gründe für die hohen Wertberichtigungen auf Kraftwerke in Höhe von 4,8 Mrd. Euro liegen nach RWE-Angaben hauptsächlich in dem nichtdeutschen Kraftwerkspark. Bereits Mitte 2013 hatte RWE Wertberichtigungen auf Konzernebene für die ausländischen Kraftwerke in Höhe von 1,5 Mrd. Euro vorgenommen, die Anfang des Jahres noch einmal um 3,3 Mrd. Euro erhöht wurden (IWR Online berichtete).

RWE-Konzernsprecherin Annett Urbaczka: "Die Ursachen für die Wertberichtigungen in Höhe von 4,8 Mrd. Euro liegen fast ausschließlich im nichtdeutschen Kraftwerkspark." Zudem handelt es sich um Einmaleffekte, die z.B. beim nachhaltigen Nettoergebnis nicht berücksichtigt werden, erläutert Urbaczka gegenüber IWR-Online.

Deutschland: Braun- und Kohlekraftwerke laufen immer öfter

Laut Medienberichten ist der Boom der erneuerbaren Energien in Deutschland dafür verantwortlich, dass Abschreibungen auf die Kraftwerke vorgenommen werden müssen, weil Kohle- und Gaskraftwerke immer seltener am Netz sind.

Tatsächlich laufen die Braun- und Steinkohlekraftwerke in Deutschland immer öfter. Das belegen die Stromproduktionsdaten für 2013: mit 162 Mrd. kWh Strom aus Braunkohle wurde soviel produziert wie zuletzt im Jahr 1990. Auch ein Blick auf die Auslastungszahlen der Kraftwerke vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.V. zeigt, dass die Stein- und Braunkohlekraftwerke länger laufen. So erreichten die eingesetzten Braunkohlekraftwerke 2012 rd. 6.900 Vollaststunden (2010: 6.580) und die Steinkohlekraftwerke 3.950 Vollaststunden (2010: 3.850). Der Anstieg der Auslastung der Kohlekraftwerke kompensiert 2012 den Rückgang bei den Gaskraftwerken, deren Einsatz sich auf 2.860 Vollaststunden (2010: 3.510) verringerte. Für 2013 liegen die Zahlen noch nicht vor.

Wertberichtigungen und IFRS-Bilanzregeln - Von Abschreibungen und Zuschreibungen

Der RWE-Konzern bilanziert nach dem IFRS-Bilanzregelwerk. Die jetzt vorgenommenen Wertberichtigungen in Form von Abschreibungen auf ausländische Kraftwerke spiegelt vorsorglich und rein buchungstechnisch den aktuellen Wertverlust am Markt für Kraftwerke wider. Kommt es beispielsweise in Zukunft zu einer Erholung der Strompreise in Großbritannien, weil immer mehr alte Atomkraftwerke abgeschaltet werden, ist von RWE eine Wertberichtigung durch Zuschreibung auf die Kraftwerke vorzunehmen, die buchungstechnisch dann direkt eine Gewinnerhöhung auslöst.

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