Bundesgerichtshof entscheidet im Stromzählerstreit
Hamburg – Neue Technologien für die Energiewende stoßen in der bestehenden Energiewelt immer wieder auf Widerstand. So wollte eine etablierte Netzgesellschaft die dezentralen Blockheizkraftwerke eines Anbieters nicht akzeptieren, weil der Stromzähler an der falschen Stelle sei. Nun hat dazu der Bundesgerichtshof entschieden.
Es geht um Netzgesellschaft des Energiekonzerns EWE: Diese hatte versucht, den Anschluss von Blockheizkraftwerken (BHKW) des Typs Zuhausekraftwerk vom Ökostrom-Anbieter Lichtblick in ihrem Netzgebiet zu verhindern. Begründung: Der fernauslesbare Stromzähler – die Schnittstelle des Mini-Kraftwerks zum Stromnetz – sei nicht am sogenannten „zentralen Zählerplatz“ und damit an der falschen Stelle installiert. Das sieht das Gericht aber weniger streng.
BGH: Anlagenbetreiber darf Ort für Zähler selbst bestimmen
Der Bundesgerichtshof (BGH) habe in einem wegweisenden Urteil zum Einsatz von Stromzählern die dezentrale Energiewende gestärkt, teilte Lichtblick mit. Künftig können Energieanlagen in Haushalten und Unternehmen wie zum Beispiel BHKWs, Elektroautos oder Solarbatterien preiswerter und einfacher in den Strommarkt eingebunden werden. Denn der BGH hat mit seinem Beschluss klargestellt, dass der Anlagenbetreiber einen Anspruch darauf hat, sich den Ort für die Messeinrichtung selbst auszusuchen, wenn die einwandfreie Messung nicht beeinträchtigt werde.
Kein zusätzlicher Vor-Ort-Zähler notwendig
Die Grundsatzentscheidung des BGH beendet damit einen jahrelangen Rechtsstreit zwischen Lichtblick und dem nordwestdeutschen Unternehmen EWE Netz. Die Rechtsauffassung von Lichtblick war bereits 2012 von der Bundesnetzagentur bestätigt worden. Bisher werden Stromzähler am sogenannten zentralen Zählerplatz vor allem in Schaltschränken eingebaut, ein Grund ist, dass sie auch vom Netz-Unternehmen vor Ort abgelesen werden können. Um Kosten zu sparen, ließ Lichtblick fernauslesbare Zähler in seine Kraftwerke integrieren, die die Messdaten im 15- Minuten-Takt auswerten und übertragen. EWE Netz bestand jedoch auf der Vor-Ort-Ablesung und zwang Lichtblick, zusätzlich einen weiteren, teuren Viertelstundenzähler am zentralen Zählerplatz des Kunden zu installieren. Das ist nach dem BGH-Urteil nun nicht mehr erforderlich.
Vergleich: Als wenn die Post versucht hätte, E-Mails zu verhindern
Zu dem Urteil erklärt Gero Lücking, Geschäftsführung Energiewirtschaft von Lichtblick: „Der Richterspruch ist eine schallende Ohrfeige für die Energiewende-Bremser der alten Energiewirtschaft. Was EWE und BDEW uns vorschreiben wollten, ist ungefähr so, als hätte die Post vor 20 Jahren versucht, die Einführung von E-Mails zu verbieten. Das Urteil ist ein wichtiger Meilenstein. Allerdings stehen wir erst am Anfang der Liberalisierung des Messwesens.“
Mit diesem Grundsatzurteil können Zähler zukünftig preiswert in dezentrale Energieanlagen integriert werden. Über integrierte Steuergeräte werden schon heute alle nötigen Daten erfasst und in Echtzeit übertragen. Teure Zähler und Ableseverfahren werden damit überflüssig. Von den sinkenden Kosten profitieren vor allem die Verbraucher, so Lichtblick.
Quelle: IWR Online
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