21.10.2013, 11:50 Uhr

Studie: Kurzfristige Anreize motivieren für Klimaschutz

München – Von nichts kommt nichts – Menschen sind nur dann dazu bereit, zum Klimaschutz beizutragen, wenn im Gegenzug eine Belohnung winkt. Fehlt ein solcher Anreiz oder wird er erst mit einiger Verzögerung gewährt, sinkt die Motivation, das eigene Verhalten anzupassen, wie Forscher jetzt herausgefunden haben.

Klimawandel ist kollektives Risiko. Er kann abgewendet werden, wenn die gesamte Menschheit Anstrengungen unternimmt, etwa sich einschränkt etc. Doch allein der Gedanke, etwas für künftige Generationen und den Planeten zu tun, reicht als Anreiz nicht aus. Die Aussicht auf kurzfristige Belohnungen aber fördert Verhaltensänderungen.

Menschen seien schlecht darin, gemeinsame Risiken in den Griff zu bekommen, heißt es in einer Mitteilung der Max-Planck-Gesellschaft von Sonntag. Eine Studie der Gesellschaft bestätigt die Annahmen des Ökonomie-Nobelpreisträgers Thomas Schelling, dass heutige Akteure die Anstrengungen zum Klimaschutz unternehmen müssten, aber erst künftige Generationen davon profitieren würden. Daher sei die Motivation der heutigen Akteure, tatsächlich etwas zum Klimaschutz beizutragen, gering. Das Team aus Klimaforschern und Evolutionsbiologen der Max-Planck-Gesellschaft hat durch ein Experiment herausgefunden, wie gering genau die Bereitschaft von Menschen ist, für den Vorteil kommender Generationen Verzicht zu üben.

Klimawandel als Spiel

Zur Überprüfung der Hypothesen ließen die Forscher ihre Probanden ein Public-Goods-Spiel spielen. Solche Spiele sind in der Verhaltensökonomie sehr verbreitet und laufen stets nach dem gleichen Schema ab: Die Teilnehmer erhalten einen gewissen Geldbetrag und werden aufgefordert, über mehrere Runden einen Teil davon zu spenden. Das gespendete Geld wird verdoppelt und zu gleichen Anteilen an die Spieler ausgezahlt. Alles, was nicht gespendet wurde, fließt sofort in die eigene Tasche. Die gewinnbringendste Strategie bei diesem Spiel ist es, selbst nichts zu spenden, sondern am Altruismus der Mitspieler zu verdienen.

Für die nun veröffentlichte Studie wurde das Spielprinzip modifiziert. Um den drohenden Klimawandel in das Spiel einzubauen, erhielten die Spieler ein Startkapital von 40 Euro, welches sie in eine Anzeigenkampagne über den Klimawandel spenden konnten. Eine solche Investition simuliert eine Investition in den Klimaschutz. Abhängig von der Höhe der Spende erhielten die Spieler Bonuszahlungen. Wer mehr als die Hälfte seines Kapitals spendete, erhielt 45 Euro und konnte den Klimawandel symbolisch abwenden. Spendete eine Gruppe weniger als die Hälfte, verloren alle Spieler ihr Kapital mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 Prozent.

Drei verschiedene Szenarien simulierten, dass man vom Klimaschutz erst in der Zukunft profitiert. Dazu erhielten Spieler von erfolgreichen Gruppen ihren Bonus entweder am Tag nach dem Experiment ausgezahlt, sieben Wochen später oder überhaupt nicht. In diesem Fall wurde der Bonus stattdessen in die Pflanzung von Eichenbäumen investiert, wodurch CO2 aus der Luft absorbiert werden soll.

Ohne kurzfristige Anreize hat der Klimaschutz keine Chance

Die Ergebnisse der einzelnen Szenarien fielen erwartungsgemäß aus: Im ersten Szenario spendeten die Gruppen am meisten. Durchschnittlich investierten die Gruppen 108 Euro in den Klimaschutz, insgesamt waren sieben Gruppen erfolgreich, den Klimawandel symbolisch abzuwenden. Im zweiten Szenario spendeten die Gruppen durchschnittlich noch 83 Euro und vier von elf Gruppen waren erfolgreich. Im dritten Szenario hatte der Klimaschutz keine Chance – keine einzige der elf Gruppen erreichte das Spendenziel. Durchschnittlich wurden nur 57 Euro für die Anzeigenkampagne gespendet. Studienleiter Manfred Milinski fasst das Resultat zusammen: „Das Ergebnis unseres Experiments zeichnet ein düsteres Bild von unserer Zukunft. Leider konnten wir Schellings Aussage bestätigen, es ist ein Desaster.“

Aus der Studie lässt sich als Ergebnis ziehen, dass mehr kurzfristige Anreize geboten werden müssen, damit mehr in den Klimaschutz investiert wird. „Es reicht nicht, nur auf die Vorteile zu verweisen, die künftige Generationen haben werden“, folgert Jochem Marotzke, Autor der Studie. „Wirksamer Klimaschutz wird nur gelingen, wenn die Akteure auch kurzfristigen materiellen Gewinn aus ihm ziehen können, etwa durch den Export von klimafreundlichen Technologien.“

Weitere Informationen und Meldungen zum Thema


© IWR, 2013