16.06.2014, 10:55 Uhr

EU: Wie Biokraftstoffe zukünftig gefördert werden sollen

Berlin/Brüssel - Der Energieministerrat der europäischen Mitgliedsstaaten hat sich auf einen Kompromiss verständigt, der die zukünftige Förderung von Biokraftstoffen regeln soll. Der Verband der deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) zeigt sich wenig begeistert.

Der VDB ist vor allem mit dem sogenannten iLUC-Wert unzufrieden. Auch eine Mehrfachrechnung der Grünen Energien sorgt für Unverständnis. Allerdings zeigt sich der Verband darüber erfreut, dass nun klare Regelungen die Rahmenbedingungen für die Unternehmen setzen.

Die Neuregelungen in der Übersicht

Ziel der Europäischen Union ist es bis 2020 zehn Prozent der im Verkehr genutzten Energie mit erneuerbaren Energien abzudecken. Die voraussichtlichen Neuregelungen der Erneuerbare-Energien-Richtlinie sind: Ein Sieben-Prozent-Deckel für Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse im Verkehrsbereich. Zudem soll für Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse eine Meldepflicht für einen iLUC-Wert eingerichtet werden. Für den iLUC-Wert soll eine Revisionsklausel entstehen, die eine Anpassung des Wertes an neue wissenschaftlichen Erkenntnissen ermöglicht.

Außerdem soll eine Mehrfachrechnung für Strom aus Erneuerbaren Energien eingeführt werden. So soll regenerativer Strom, der bereits jetzt im Verkehr genutzt wird, nicht einfach sondern mehrfach an das EU-Ziel angerechnet werden. Für den Straßenverkehr liegt der entsprechende Multiplikationsfaktor bei fünf. Im Schienenverkehr soll der Strom aus erneuerbaren Energien 2,5-fach angerechnet werden und Biokraftstoffe, die nicht aus Anbaubiomasse stammen, sollen doppelt angerechnet werden. Ein nicht verpflichtendes Unterziel des Kompromisses ist es 0,5 Prozent der Energie im Verkehrssektor aus Biokraftstoffen, die nicht aus Anbaubiomassen hergestellt werden, zu gewinnen.

iLUC: Landnutzungsänderungen durch Biokraftstoffproduktion

Insbesondere am sog. iLUC-Wert scheiden sich jedoch die Geister. Damit sollen indirekte Effekte der Biokraftstoffproduktion auf die globale Landnutzung (iLUC) gemessen werden. Die iLUC-Theorie besagt, dass durch CO2-Ausstoß infolge der Landnutzungsänderung, sich die Treibhausgasbilanz von Biokraftstoffen verschlechtert. Die Berechnung dieser Effekte sei sehr unsicher und nicht nachprüfbar, schrieb der Intergovemmental Panel on Climate Change (IPCC). Die Ergebnisse hängen sehr davon ab welche Annahmen getroffen wurden. Dementsprechend unzufrieden äußerte sich Elmar Baumann, Geschäftsführer des VDBs: „Obwohl der IPCC die großen Schwierigkeiten hervorhebt, die mit der Modellierung von iLUC einhergehen, sollen die Mitgliedsstaaten einen völlig willkürlich ermittelten Wert berichten. Damit werden Biodiesel und Bioethanol schlechtgerechnet, ohne dass besonders schützenswerte Ökosysteme wie Regenwälder geschützt werden.“

VDB: Kompromiss führt zu sachfremden Regelungen

Baumann sagte über den Kompromiss: „Der Kompromiss führt in großen Teilen zu sachfremden Regelungen, die unsere deutsche und europäische Biokraftstoffindustrie schädigen werden. Positiv ist allein, dass nun ein Ende der jahrelangen Hängepartie in Sicht ist und die Unternehmen hoffentlich bis Ende des Jahres wissen, unter welchen gesetzlichen Rahmenbedingungen sie zukünftig arbeiten müssen.“ Des Weiteren sagte Baumann, dass die Klimaschutzziele der Europäischen Union im Verkehrsbereich mit diesen Regelungen nicht zu erreichen seien. Zudem prophezeite er einen höheren Verbrauch fossiler Erdöle.

Vor allem die Mehrfachrechnung sei nicht tragfähig: „Mit dem Taschenspielertrick einer Mehrfachanrechnung des Schienenstroms wird der Ausbau Erneuerbarer Energien in keiner Weise angeregt. Die Ziele werden lediglich rechnerisch erreicht, nicht jedoch in der Realität. Stattdessen wird die Nutzung von nachhaltig produzierten Biokraftstoffen eingeschränkt zugunsten von fossilen Kraftstoffen aus bedenklichen Herkünften“, so Baumann.

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