03.07.2015, 15:13 Uhr

BMWi veröffentlicht Weißbuch: Kein Kapazitätsmarkt im Stromsektor

Berlin - Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat das Weißbuch "Ein Strommarkt für die Energiewende" veröffentlicht. Hierin spricht sich das BMWi für eine Weiterentwicklung des Strommarktes hin zu einem Strommarkt 2.0 und klar gegen die Einführung eines Kapazitätsmarktes aus.

Im Strommarkt 2.0 sollen sich die benötigten Kraftwerks-Kapazitäten über bestehende Marktmechanismen finanzieren. Die Kapazitätsreserve sichert so den Strommarkt 2.0 ab, laut BMWi wie „der Hosenträger einen Gürtel“. Allerdings darf diese Reserve nicht am Markt teilnehmen.

Baake: Strommarkt 2.0 nach BMWi ist kostengünstiger als Kapazitätsmarkt

BMWi-Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Rainer Baake erklärte dazu: "Wir haben uns für den Strommarkt 2.0 entschieden, damit Deutschlands Stromversorgung verlässlich und kostengünstig bleibt. Denn die Bürgerinnen und Bürger, der Mittelstand und die Industrie, müssen sich darauf verlassen können, dass der Strom fließt, wenn sie ihn brauchen. Auch müssen sie sich darauf verlassen können, dass Strom bezahlbar ist und zu international wettbewerbsfähigen Strompreisen geliefert wird.“ Laut Baake gewährleiste der Strommarkt 2.0 Versorgungssicherheit, sei kostengünstiger als ein Kapazitätsmarkt, schaffe Anreize für Innovationen und ermögliche die Integration hoher Anteile erneuerbarer Energien. Außerdem füge er sich in den europäischen Binnenmarkt ein, so der Staatssekretär.

Freie Preisbildung, Öffnung der Regelleistungsmärkte, Flexibilisierung

Dem Weißbuch ist breiter Diskussionsprozess vorausgegangen. Im Oktober 2014 hatte das BMWi ein Grünbuch veröffentlicht und vier Monate zur öffentlichen Konsultation gestellt. Rund 700 Stellungnahmen von Behörden, Verbänden, Gewerkschaften, Unternehmen und Bürgern sind eingegangen und in das Weißbuch eingeflossen. Es enthält die Eckpunkte für 20 Maßnahmen, mit denen der Strommarkt 2.0 umgesetzt wird. Beispielhaft zu nennen ist die Garantie der freien Preisbildung. So soll der Grundsatz der freien Preisbildung beim Stromhandel im Energiewirtschaftsgesetz verankert werden.

Ein weiterer Punkt ist die Überwachung der Versorgungssicherheit. Durch ein fortlaufendes Monitoring mit neusten Methoden soll stets im Auge behalten werden, ob die Versorgung tatsächlich sicher ist. Zudem soll die Kapazitätsreserve die Stromversorgung gegen nicht vorhersehbare Ereignisse absichern.

Regelleistungsmärkte sollen weiterentwickelt werden. Mehr Anbieter sollen in diesem Rahmen Zugang zu den Regelleistungsmärkten bekommen. Dies erhöhe den Wettbewerb auf diesen Märkten und senke so die Kosten, erwartet das Wirtschaftsministerium.

Dem Weißbuch soll bald die gesetzliche Umsetzung folgen. Im Oktober soll der Entwurf des Strommarktgesetzes im Kabinett beschlossen werden. Das entsprechende Gesetzgebungsverfahren soll im Frühjahr 2016 abgeschlossen werden.

Beifall von BEE und bne

Positives Echo kommt aus der Erneuerbaren-Branche: Beim Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) e.V. stimmt man einer der zentralen Aussagen des Weißbuchs, nämlich dass die Strommärkte vor allem flexibler werden müssen, ausdrücklich zu. BEE-Geschäftsführer Dr. Hermann Falk erklärte u.a.: „Im Weißbuch ist ebenso verankert, dass die Regelenergiemärkte stärker flexibilisiert werden sollen. Der BEE sieht darin die Chance, dass erneuerbare Energien künftig mehr Verantwortung bei der Sicherstellung der Stromversorgung übernehmen können. Hierzu müssen die Ausschreibungsfristen verringert und die Präqualifikationsbedingungen für erneuerbare Energien und Speicher angepasst werden.“

Der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) begrüßt die klare Absage an allgemeine Kapazitätsmarktlösungen. Zudem freut sich der bne über enthaltene Aspekte wie die marktnahe Flexibilisierung als wichtiges Instrument für die notwendige Integration erneuerbar Energien oder die Öffnung der Regelenergiemärkte. Auch die positive Haltung des bne zur Digitalisierung der Energiewirtschaft finde sich im Weißbuch wieder.

Quelle: IWR Online

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