06.10.2017, 11:10 Uhr

Europa- und Verfassungsrecht kein Hindernis für CO2-Bepreisung

Würzburg – Um den Klimaschutz in Deutschland wieder in Schwung zu bringen, wird nach der Bundestagswahl auch über eine Bepreisung von CO2-Emissionen diskutiert. In einer aktuellen Studie sind vorab die europa- sowie die verfassungsrechtlichen Aspekte geprüft worden.

Die Studie „Europa- und verfassungsrechtliche Spielräume einer CO2-Bepreisung in Deutschland“ kommt zur Schlussfolgerung, dass weder das geltende Europa- noch das Verfassungsrecht eine zukünftige Regierung daran hindere, eine nationale CO2-Bepreisung einzuführen. Dennoch müsste eine Reihe von Voraussetzungen beachtet werden.

Ausreichend Spielräume für CO2-Bepreisung vorhanden

In der jüngsten Studie der Stiftung Umweltenergierecht haben Dr. Hartmut Kahl und Lea Simmel die rechtlichen Spielräume für eine CO2-Bepreisung analysiert, die dem Gesetzgeber zur Verfügung stehen. „Der Gesetzgeber muss zwar eine Reihe von Voraussetzungen beachten und kann nicht jede beliebige Ausgestaltungsvariante wählen, es verbleiben aber ausreichend Spielräume“, erläutert Forschungsgebietsleiter Dr. Hartmut Kahl. Für Stiftungsvorstand Thorsten Müller ist es daher eine politische Frage, wie diese Spielräume genutzt werden. Rund um die Bundestagswahl und die anstehenden Koalitionsverhandlungen hat die Debatte um eine nationale CO2-Bepreisung in Ergänzung zum Europäischen Emissionshandel (ETS) an Dynamik gewonnen. Zu den Ländern, die bereits ein solches Instrument eingeführt haben zählt zum Beispiel Großbritannien mit seinem Carbon Price Support. Zudem hatte Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron in seiner Europa-Rede einen CO2-Mindestpreis zuletzt wieder ins Gespräch gebracht. Auch in Deutschland haben sich führende Köpfe aus der Energieforschung für eine CO2-Bepreisung eingesetzt.

Direkte und echte CO2-Steuer derzeit nicht möglich

In der neuen, 57-seitigen Studie der Stiftung Umweltenergierecht aus Würzburg wird deutlich, dass das Europarecht einer Bepreisung von CO2 nicht entgegensteht. In Gestalt einer Steuer ist das in Deutschland verfassungsrechtlich zwar nicht möglich, wohl aber über eine Sonderabgabe oder eine Ressourcennutzungsgebühr. Die Variante der Ressourcennutzungsgebühr könnte für die dem ETS unterliegenden Anlagen nach dem Vorbild des „Wasserpfennigs“ konzipiert werden. Durch eine Verbrauchsteuer können zudem nach der Erzeugungsart gestaffelte Stromsteuersätze oder eine an der CO2-Intensität des Energieträgers orientierte Besteuerung beim Stromerzeuger angebunden werden.

Verfassungsänderung vielleicht wünschenswert, aber nicht zwingend

Eine Einschränkung für die Optionen der CO2-Bepreisung sieht die Stiftung Umweltrecht aber im Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Brennelementesteuer im Juni 2017. Diese Steuer hattedas Gericht für verfassungswidrig erklärt, da der Staat kein freies Steuererfindungsrecht habe. Kahl: „Zwar hat die jüngste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Kernbrennstoffsteuer den Spielraum des Gesetzgebers für Verbrauchsteuern grundsätzlich eingeengt, aber entgegen einer bisweilen anzutreffenden Auffassung heißt das nicht ´rien ne va plus´.“ Eine Verfassungsänderung mag laut der Stiftung Umweltenergierecht in Bezug auf eine echte Kohlendioxidsteuer sowie anderer Umweltsteuern zwar wünschenswert sein. Zwingend ist sie aber aus Sicht der Stiftung allerdings nicht, um einen Weg für eine CO2-Bepreisung auch in Deutschland zu finden.

Quelle: IWR Online

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