24.05.2019, 10:40 Uhr

Fehlende Perspektiven setzen Offshore-Zulieferer unter Druck


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Bremen / Brüssel, Belgien – Der Ausbau der Offshore-Windenergie in Deutschland hat 2018 deutlich an Dynamik verloren. Industriepolitische Impulse sind derzeit nicht erkennbar. Das schlägt sich in der industriewirtschaftlichen Entwicklung nieder.

Eigentlich müssten die deutschen Klimaziele bis zum Jahr 2030 den Ausbau der erneuerbaren Energien auf nationaler Ebene pushen. In den einzelnen Branchen kommt davon angesichts fehlender Planungssicherheit und einer wachsenden Verunsicherung nicht viel an. Auch bei der Offshore-Windenergie fehlt es an Perspektiven.

Windeurope: Deutschland hinkt bei Offshore-Windenergie hinterher

Mit den Offshore-Windenergie-Projekten, die sich in Deutschland derzeit in der Pipeline befinden, wird der aktuelle gesetzlich mögliche Zubau von 7.700 MW bis 2020 voraussichtlich wie geplant erreicht. Aktuell gültiges Ziel der Bundesregierung ist es, die Offshore-Windenergie bis 2030 auf eine Gesamtkapazität von 15.000 MW auszubauen. Aus Sicht von Branchenvertretern viel zu wenig, um die industriewirtschaftlichen Status Quo der Offshore-Windindustrie halten zu können.

Aufgrund eines Mangels an Ausschreibungen - die letzte war im April 2018 und es sind keine weiteren bis 2021 geplant - und der enttäuschenden Perspektive für das zukünftige Auktionsvolumen bis 2030 gerät die deutsche Offshore-Zulieferindustrie nämlich zunehmend unter Druck. Die Auftragsbücher leeren sich zusehends und angesichts der Rahmenbedingungen ist unklar, wann sie wieder gefüllt werden können, so die Einschätzung von Giles Dickson, dem CEO des europäischen Windenergieverbandes Windeurope anlässlich der WAB Windforce Konferenz in Bremerhaven im April. Allein in den letzten drei Jahren sind bereits rd. 3.000 bis 4.000 Arbeitsplätze in der Offshore-Zulieferindustrie verloren gegangen. Deutschland habe die Möglichkeit, die Offshore-Windenergie in seinem Nationalen Energie- und Klimaschutzplan für 2030 wieder auf Kurs zu bringen. Ein Ausbauziel von 20.000 MW bis 2030 sei komfortabel zu erreichen. Gegenwärtig agiere Deutschland beim Ausbau der Offshore-Windenergie weniger ehrgeizig als Großbritannien, die Niederlande, Belgien, Dänemark oder Polen, so Windeurope.

Studie: Bis zu 8.000 Arbeitsplätze in der Offshore-Branche gefährdet

Nach einer aktuellen Untersuchung von Windresearch, einer Marke des Trend und Marktforschungsinstituts Trendresearch, unter mehr als 3.000 Markteilnehmern aus dem On- und Offshore-Sektor hat die Offshore-Windbranche in Deutschland aktuell 24.500 Arbeitsplätze und im Jahr 2018 einen Umsatz von 9 Milliarden Euro erwirtschaftet. Die Verteilung der letztendlich ca. 800 Marktteilnehmer, die aktuell in der Offshore-Windenergie tätig sind, zeigt Schwerpunkte in den vergleichsweise offshore-fernen Regionen im Süden und Westen: So ist z.B. Baden-Württemberg stark aufgestellt in der Forschung und Entwicklung sowie beim Engineering und Nordrhein-Westfalen im Bereich Komponenten. Bei Beibehaltung des bisherigen Ausbauzieles droht der Branche nach Einschätzung von Windresearch ein Verlust von über 8.000 Stellen, bei Erhöhung des Ausbauzieles steigt die Anzahl der Arbeitsplätze hingegen um bis zu 10.000 an.

Bremer Politiker fordern parteiübergreifend Anhebung des Offshore-Deckels

In einem Schulterschluss über die Parteigrenzen hinweg haben Bremer Politiker von SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und FDP im Vorfeld der anstehenden Bürgerschaftswahl die Bundesregierung nachdrücklich für ihre Offshore-Politik und den damit verbundenen Schaden für Beschäftigung und Wachstum in der Region kritisiert und die Bremer Erklärung unterzeichnet. Man sei sich einig, dass der Ausbau der Windenergie stärker vorangetrieben werden müsse. Nur so könne der Klimaschutz nachhaltig verbessert und das Ziel der deutschen Bundesregierung, bis 2030 65 Prozent der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen zu gewinnen, erreicht werden, so die Politiker in der Erklärung. Insbesondere die Windindustrie sei für das Bundesland Bremen ein wichtiger Jobmotor und von hoher arbeitsmarktpolitischer Relevanz für den Standort Bremen/Bremerhaven. Deshalb setze man sich dafür ein, den Ausbaupfad bis zum Jahr 2035 auf mindestens 35.000 MW (35 GW) zu erhöhen. Die Deckelung des Ausbaus der Windenergie müsse mit sofortiger Wirkung aufgehoben werden, so die Forderung der Politiker.

Quelle: IWR Online

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