28.11.2017, 17:00 Uhr

BDEW will bis zu 5.000 MW Kohlekraftwerks-Leistung abschalten

Berlin – Bei den Jamaika-Verhandlungen zählte der Klimaschutz zu den Knackpunkten. Auch nach dem Ende der Jamaika-Sondierungen bleiben die Herausforderungen unverändert: Zum Erreichen der Klimaziele ist eine Reduzierung der Kohleverstromung wohl unumgänglich. Die Energiewirtschaft legt dazu nun einen neuen Vorschlag vor.

Die Energiewirtschaft könne mit „einer energietechnisch verantwortbaren Zusatzanstrengung“ die CO2-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent gegenüber 1990 senken. Das geht aus einer Analyse des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hervor. Der entsprechende Klimaschutzbeitrag muss aus Sicht des Verbandes jedoch entschädigt werden.

BDEW rät zur Stilllegung von 5.000 MW Kohle-Leistung gegen Entschädigung

Der Energiesektor wird seine CO2-Emissionen bis 2020 ohne weiter Maßnahmen voraussichtlich um 38 Prozent bis 2020 reduzieren. Um auf 40 Prozent zu gelangen, können aus Sicht des BDEW weitere Stein- und Braunkohle-Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von 5.000 Megawatt (MW) vom Netz genommen werden. Nach der Vorstellung des Verbandes soll es dabei ein Ausschreibungsverfahren für Entschädigungszahlungen geben, bei dem der Zuschlag nach dem geringsten Euro-Betrag für eingespartes CO2 vergeben wird.

Kapferer: Energiewirtschaft leistet ihren Beitrag

Mit der angebotenen Reduzierung würde die Energiewirtschaft „ihren“ Beitrag zu den deutschen Klimaschutzzielen leisten, so Stefan Kapferer, Vorsitzender der BDEW-Hauptgeschäftsführung. Andere Bereiche lägen dagegen „massiv im Rückstand“, insbesondere der Verkehrssektor. „Es ist zwar politisch nachvollziehbar, wenn man hofft, die Defizite der anderen Sektoren durch noch massivere Eingriffe in den Kraftwerkspark auszugleichen. Dies wäre aber energiewirtschaftlich nicht verantwortbar“, so Kapferer. Die vorhandene Überschussleistung werde bis 2023 vollständig abgebaut sein.

Deutschland will seine CO2-Emissionen bis 2050 schrittweise um 80 bis 85 Prozent gegenüber 1990 senken. Für 2030 (Reduktionsminderung um 55 Prozent) wurden im Klimaschutzplan Ziele für die einzelnen Sektoren definiert. Für die Energiewirtschaft liegt das Minderungsziel hier bei 62 Prozent, im Verkehr (rd. 41 Prozent) und in der Landwirtschaft (rd. 33 Prozent) ist es geringer. Für 2020 gibt es keine Sektor-Ziele sondern nur ein Gesamt-Minderungsziel von 40 Prozent. Dieses ist ohne weitere Maßnahmen aber nicht mehr zu erreichen. Der Thinktank Agora Energiewende erwartet nur einen Rückgang von 30 bis 31 Prozent. Kurzfristige Maßnahmen sind nun vor allem im Energiesektor möglich.

Gaskraftwerke sollen Kohlekraftwerke ersetzen

Für die Klimaschutzziele 2030 fordert der BDEW bereits in 2018 ein Bündel von Maßnahmen, die um 2023 ihre volle Wirkung entfalten sollen. Dazu zählt der Verband den einen „konsequenten Ausbaupfad“ für die Erneuerbaren, die weitere Stärkung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK), einen möglichst schnellen Netzausbau, die Besserstellung von Speichern und insbesondere eine Investitionsoffensive in gesicherte Leistung in Form von emissionsarmen neuen Gaskapazitäten.

„Ab 2023 muss, wenn weitere Kohlekraftwerke vom Netz gehen sollen, wegfallende gesicherte Leistung teilweise durch neue Gaskraftwerke ersetzt werden“, erläuterte Kapferer. Da die Realisierung neuer Gaskraftwerke fünf bis sieben Jahre dauere sei es entscheidend, die Rahmenbedingungen für den Bau neuer flexibler Kapazitäten jetzt angepasst. Dazu kämen ein Kapazitätsmarkt oder eine Absicherung von Investitionsrisiken in Frage.

Langfristige Planung statt kurzatmige Lückenfüllung

Kapferer warnt: „Wenn jetzt nicht zügig die Voraussetzungen zur Sicherstellung von gesicherter Leistung oder mehr Flexibilitäten geschaffen werden, ist vor allem das Klimaziel 2030 gefährdet. Dann wird die Politik in 2027 genauso kurzatmig versuchen, eine Lücke zu schließen.“ An die künftige Bundesregierung appelliert der BDEW-Hauptgeschäftsführer die energiewirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit Blick auf 2030 zu verbessern. Dies sei wichtiger „als hektisch die Defizite anderer Sektoren bei der Zielerreichung 2020 im Kraftwerkspark schließen zu wollen“.

Quelle: IWR Online

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