Biokraftstoffbranche kritisiert Biomassegutachten
Straubing, Berlin, Münster - Das neue Gutachten des Wissenschaftlichen Beitrats Globale Umweltveränderungen (WBGU) „Welt im Wandel – Zukunftsfähige Bioenergie und nachhaltige Landnutzung“ ist in der Biokraftstoffbranche auf Kritik gestoßen.
Die im ForschungsNetzwerk Biogene Kraftstoffe (ForNeBiK) organisierten Wissenschaftler kritisieren u.a. , dass die Erwartungen in eine schnelle Einführung in die Elektromobilität und ihrer großmaßstäbigen Nutzung im Gutachten „deutlich überzeichnet“ werden. In ihrem aktuellen Positionspapier „Forschen-Bewerten-Sachgerecht diskutieren“ kommen die ForNeBiK-Wissenschaftler vielmehr zu dem Ergebnis, dass kurz- bis mittelfristig auch weiterhin Verbrennungsmotoren im Mobilitätssektor dominieren werden, die auf flüssige oder gasförmige Energieträger angewiesen sind. Es zeige sich, dass Biodiesel, Bioethanol, Rapsölkraftstoff und Biomethan bereits heute eine Alternative bei niedrigen Vermeidungskosten sind, um Kraftstoffe fossilen Ursprungs zu ersetzen und die CO2-Emissionen erheblich zu senken. Die Gesamtbilanz der Treibhausgasemissionen von biogenen Kraftstoffen falle im Gegensatz zu fossilen Kraftstoffen im Grundsatz positiv aus; weise allerdings Optimierungs- und Verbesserungspotenzial auf. Hierzu seien in den letzten Jahren bereits erhebliche Anstrengungen und Verbesserungen geleistet worden, die auch in Zukunft weiter fortgesetzt werden müssten. Die Wissenschaftler empfehlen, sich auf einige wenige Varianten von Reinkraftstoffen zu konzentrieren, die effizient zu nutzen sind und geringe Emissionen aufweisen.
Der Deutsche Bauernverband (DBV), der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) und die Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen (UFOP) kritisieren, dass in dem WBGU-Gutachten die Klimabilanz von Raps als wichtigstem Rohstoff für die Biokraftstoffproduktion „völlig falsch bewertet“ werde. Es werde eine einjährige Betrachtung vorgenommen, die entscheidende Stärke von Raps liege jedoch in der mehrjährigen Fruchtfolge und im Beitrag zur Fruchtbarkeit und Regeneration des Bodens, so die drei Verbände. Zu kritisieren sei zudem die Forderung der WBGU-Wissenschaftler, Biomasse nur zur Stromerzeugung zu verwenden und dafür auf die Kohlenutzung zu verzichten, da so viel mehr CO2-Emissionen eingespart werden könne und auf Biomasse zur Kraftstoffherstellung dann verzichtet werden sollte. „Damit liegen die Wissenschaftler falsch. Denn sie übersehen, dass die CO2-Bilanz bei Biokraftstoffen erheblich besser ist, als bei fossilen Kraftstoffen auf der Basis von Rohöl. Denn bei der Ölverbrennung wird immer der gleiche Durchschnittswert in der CO2-Bilanz herangezogen, unabhängig von der Herkunft oder ob der Kraftstoff aus Rohöl oder Ölsand hergestellt wurde. Biokraftstoffe ersetzen heute aber zunehmend das unter großem technischen Aufwand gewonnene Öl aus Ölsanden, deren CO2-Bilanz sehr viel schlechter ist – auch als die Bilanz von Kohle. Die Rechnung des Wissenschaftlichen Beirats geht also nicht auf“, so VDB-Geschäftsführer Johannes Lackmann. Es sei irrational, wenn Biomasse ausschließlich für die Stromgewinnung genutzt wird, während das Öl weltweit knapper werde.
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