EEG-Industrieausnahmen: Altmaier und Kraft suchen Einigung mit der EU - Verbände laufen Sturm
Münster - Am Donnerstag haben sich Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) und Hannelore Kraft (SPD) mit EU-Wettbewerbskommissar Joaqín Almunia in Brüssel getroffen, um über die umstrittenen Ausnahmeregelungen von energieintensiven Unternehmen von der Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) zu beraten. Diese Industrierabatte sieht die EU skeptisch, möglicherweise droht Deutschland gar ein Beihilfeverfahren.
Gegenüber der „Tagesschau“ betonte Kraft am Donnerstag, es gehe nun darum, den Schulterschluss mit der Kommission zu suchen, um Verunsicherungen in der Zukunft zu verhindern. Dennoch rechne sie mit einem Verfahren gegen Deutschland. Almunia sei "daran gebunden, dass er den Beihilfefall öffnen muss", so die SPD-Politikerin. Für Altmaier dagegen ist eine Einigung in Sicht: "Wir wollen dafür sorgen, dass eine Lösung gefunden wird, die rechtliche Streitigkeiten vermeidet. Wir kehren im Bewusstsein nach Deutschland zurück, dass wir eine Chance haben werden, die Bestimmungen so zu formulieren, dass wir am Ende die Wettbewerbsfähigkeit der Arbeitsplätze erhalten werden", so Altmaier gegenüber der „Tagesschau“.
Große Koalition verhandelt Reform des EEG
Zuvor wurde im Rahmen der Koalitionsverhandlungen spekuliert, welche Reformpläne die Große Koalition mit dem EEG habe. Medienberichte mutmaßten über eine radikale Beschneidung der Einspeisevergütungen für Ökostrom. Die Technologien sollen sich stärker an Marktprozesse anpassen müssen. Weiterhin sind Überlegungen bekannt geworden, die umstrittenen Ausnahmen von der EEG-Umlage für Industrieunternehmen zu reduzieren. Durch den Ausschluss einzelner Branchen sollen bis zu einer Milliarde Euro zusätzlich eingenommen werden. Zusätzlich soll der Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung möglicherweise auf 35 bis 40 Prozent bis zum Jahr 2020 gedeckelt werden. Die Pläner haben bereits einen Sturm der Entrüstung in den deutschen Branchenverbänden ausgelöst. Sie fürchten um die Zukunft ihrer jeweiligen Unternehmen, mahnen die sinkende Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Deutschland an und drohen mit dem Verlust von Arbeitsplätzen.
Allianz pro Schiene: Umweltfreundliche Bahn nicht benachteiligen
Im Rahmen einer Reform des EEG könnten auch bald die Bahnen stärker zur Kasse gebeten werden. Zukünftig müssten dann auch sie die Umlage in voller Höhe zahlen. Die Allianz pro Schiene warnt die künftige Bundesregierung davor, Schienenbahnen stärker zu belasten und hat dabei den Bundesverband der Verbraucherzentrale und den Naturschutzbund hinter sich. Nach Ansicht der Verbände sei es umwelt- und verkehrspolitisch das falsche Signal, die umweltfreundliche Bahn zu benachteiligen. Dadurch müssten Passagiere des öffentlichen Verkehrs mit höheren Ticketpreisen rechnen. Dietmar Oeliger, Leiter Verkehrspolitik beim NABU reagierte mit Unverständnis. Es könne nicht sein, dass Nutzer des öffentlichen Verkehrs dafür bestraft würden, wenn sie sich umweltpolitisch korrekt verhielten.
Ernährungsindustrie: Kritik am möglichen Ausschluss einzelner Branchen
Die Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie (BVE) äußert sich kritisch zu den angeblichen Plänen, die Befreiung von der EEG-Umlage von der Branche abhängig zu machen. Zukünftig soll dieses Privileg für Unternehmen aus der Ernährungsindustrie gestrichen werden. Diese müssen dann die EEG-Umlage in voller Höhe entrichten. Es ist naheliegend, dass die BVE fordert, die Umlagebefreiung für seine Unternehmen weiter sicherzustellen. Das Argument: Einzelne Branchen von der Umlagebefreiung auszuschließen, stelle eine Diskriminierung dar. Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer der BVE dazu: „Die Ernährungsindustrie befindet sich ebenso im internationalen Wettbewerb, wie andere Industriebranchen, die von dieser Vergünstigung profitieren.“
Bierbrauer gegen Subventionen und vor allem gegen Fracking
Der Deutsche Brauer-Bund sieht seine Hauptsorge nicht in einer Reformation des EEG, im Gegenteil, der Verband appellierte am Mittwoch gar an die künftige Bundesregierung, planwirtschaftliche Regulierungen in der Energiepolitik in Zukunft zu streichen und Subventionen abzubauen. Die Kritik des Verbandes kommt aus einer ganz anderen Ecke. Aus Angst vor Verunreinigung des Trinkwassers fordern die Bierbrauer, Fracking auch weiterhin zu verbieten und den Schutz von Trinkwasservorräten bei der Erdgasgewinnung in Deutschland zu verbessern. Der Verband setzt dabei ganz besonders große Hoffnung in Altmaier, die Interessen der Brauer zu berücksichtigen: Schließlich wurde der Politiker vom DBB zum „Botschafter des Bieres 2013“ ausgezeichnet.
Regenerative Branche gegen Deckelung
Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) reagiert mit Unverständnis auf die geplante Deckelung des Anteils der Erneuerbaren an der Stromproduktion. Ein derartiger Entschluss würde die Energiewende nachhaltig ausbremsen. „Schon vor der Reaktorkatastrophe in Fukushima hatte die damalige Bundesregierung einen Anteil der Erneuerbaren Energien von 38,6 Prozent bis 2020 als Ziel ausgegeben. Jetzt wird ein Deckel von 35 bis 40 Prozent als Energiewende verkauft“, äußert sich Dr. Hermann Falk, Geschäftsführer BEE am Donnerstag.
Geothermie-Sektor noch auf feste Vergütungen angewiesen
Das Wirtschaftsforum Geothermie (WFG) sieht bei einem Wegfall einer garantierten Einspeisevergütung seine Felle davonschwimmen. Die Technologie der Tiefengeothermie sei trotz vielversprechender Aussichten noch nicht so weit entwickelt, um ohne Förderung auf dem freien Markt konkurrenzfähig zu sein. Stattdessen könne Deutschland durch eine Förderung der Technologie in vielerlei Hinsicht profitieren. So würden beispielsweise je einem Euro Forschungsinvestition neun Euro Investitionen aus der Wirtschaft generieren. Dadurch werde der so produzierte Strom auf lange Sicht auch günstiger und konkurrenzfähiger. Mit Tiefengeothermie ließe sich nach Angaben des Wirtschaftsforums ein großer Anteil des Strombedarfs decken, zudem sind die Anlagen aufgrund der einfachen Regulierbarkeit bei bestehender Grundlastfähigkeit eine ideale Ergänzung zu den volatilen Energiequellen wie Wind und Strom.
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