Gas-Schutzschirm: Parlament gibt Bund umfangreichen Instrumentenkoffer an die Hand
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Berlin - Bei einer Verschärfung der Gas-Krise können künftig Kohlekraftwerke aus der Reserve geholt und wieder zur Stromerzeugung eingesetzt werden. Dem hat der Bundestag mit dem Beschluss des Gesetzentwurfs der Regierungskoalition zur Bereithaltung von Ersatzkraftwerken jetzt zugestimmt. Bereits jetzt zeigen aktuelle Daten für 2022 einen Rückgang der Stromerzeugung aus Gas.
Der Bundestag hat den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Bereithaltung von Ersatzkraftwerken (Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz) beschlossen. Damit gibt das Parlament der Bundesregierung für einen befristeten Zeitraum die Möglichkeit, in der Gas-Krise zur Unterstützung von Versorgern und zur Dämpfung der Preise, auf einen umfangreichen Instrumentenkoffer zurückzugreifen.
Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz: Maßnahmen enden spätestens am 31. März 2024
Zur Kompensation der Gas-Verknappung besteht mit dem Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz nunmehr die Option, auf Reserve-Kohlekraftwerke zurückzugreifen. Nach Abruf durch eine Verordnung der Bundesregierung können diese Anlagen vorübergehend am Strommarkt teilnehmen, zur Lastdeckung beitragen und die Stromerzeugung mit Erdgas verdrängen bzw. ersetzen.
Die Maßnahmen sollen für einen befristeten Zeitraum gelten und enden spätestens am 31. März 2024. Außerdem sollen die Kraftwerke nur dann in den Strommarkt zurückkehren, wenn dies erforderlich ist, um eine Gefährdung des Gasversorgungssystems abzuwenden. Das Ziel, den Kohleausstieg idealerweise im Jahr 2030 zu vollenden, sowie auch die Klimaziele, sollen durch das Gesetz nicht gefährdet werden.
Folgende Anlagen fallen in den Anwendungsbereich des Gesetzes: Stein- und Braunkohlekleinanlagen, für die laut Kohleverstromungsbeendigungsgesetz in den Jahren 2022 und 2023 ein Verbot der Kohleverfeuerung wirksam wird, systemrelevante Anlagen, die mit Kohle oder Mineralöl befeuert werden und derzeit in der Netzreserve gebunden sind, und die Blöcke von Braunkohlekraftwerken, die nach § 13g EnWG bereits in den Jahren 2016 bis 2019 stillgelegt wurden.
„Das Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz gibt uns in der aktuellen Situation die Möglichkeit, Gaskraftwerke aus dem Markt heraus zu drängen, indem wir die Reserve, die dafür geschaffen wurde, nutzen: in Notsituationen Kohlekraftwerke hochzufahren. Wir sind in einer Phase, in der wir uns alle Optionen des Handelns offenhalten müssen“, so Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck im Bundestag.
Stromerzeugung aus Gas geht zurück, Kohleverstromung legt zu
Bereits jetzt wird am aktuellen Stromerzeugungsmix erkennbar, dass die Stromproduktion aus Gas in Deutschland zugunsten der Kohleverstromung zurückgefahren wird. So wurden auf der Grundlage einer IWR-Auswertung der Stromeinspeisungsdaten der europäischen Übertragungsnetzbetreiber Entso-E bis heute in diesem Jahr bislang rund 52,3 Mrd. kWh Strom aus Braunkohle eingespeist, gegenüber dem Vorjahreszeitraum ist das ein Plus von 8 Prozent (Vorjahr bis 08.07.21: 48,6 Mrd. kWh) Die Steinkohleverstromung ist um 40 Prozent auf 30,8 Mrd. kWh gestiegen (Vorjahr bis 08.07.21: 21,9 Mrd. kWh). Im gleichen Zeitraum ist die Stromerzeugung aus Gas um 14 Prozent auf 26,6 Mrd. kWh zurückgegangen (Vorjahr bis 08.07.21: 30,88 Mrd. kWh) (Datenstand: 08.07.2022).
Quelle: IWR Online
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