Kann RWE Rückstellungen für Atomkraftwerke nicht bezahlen?
Essen – Der Atomausstieg ist mit hohen Kosten verbunden. Die genaue Höhe und der Zeitpunkt der Fälligkeit sind unklar. Für den Rückbau der Kernkraftwerke und die Entsorgung des radioaktiven Atommülls haben die Atomkonzerne entsprechende Milliarden-Rückstellungen in den Bilanzen gebildet. RWE-Chef Terium hat nun Zweifel, dass die Bezahlung bzw. der Ausgleich der Rückstellungen finanziert werden kann.
Im Interview mit n-tv erklärte Terium, dass die Erfüllung dieser gebuchten Rückstellungen in Gefahr sei, wenn der von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) vorgeschlagene Klimabeitrag so komme wie geplant. Dieser Klimabeitrag zielt auf schmutzige, d.h. CO2-intensive Kraftwerke ab und würde vor allem ältere Braunkohle-Kraftwerke belasten. Laut Terium würde es die RWE-Braunkohle-Kraftwerke zu 80 bis 90 Prozent treffen.
Terium: Geld für AKW-Rückbau soll mit Braunkohle-Kraftwerken verdient werden
Terium sagte, dass man das Geld, das RWE in der Braunkohle noch verdienen wolle, für die Einhaltung zukünftiger Versprechungen gebraucht werde. Als Beispiele nannte er gegenüber n-tv noch zu tätigende Ausgaben für Mitarbeiter, die im Rahmen des Strukturwandels sozialverträglich und frühzeitig aus dem Unternehmen geschieden sind, oder den Rückbau der Kernkraftwerke und die Endlagerung. Dafür brauche RWE aber zukünftig Geld, das irgendwo verdient werden müsse. Wenn nicht in der Braunkohle, dann werde es „schon sehr schwierig“, um all das zu stemmen, so Terium.
Rückstellungen sind keine Rücklagen
Insgesamt haben die vier deutschen Betreiber von Atomkraftwerken zwar Rückstellungen in Höhe von gut 36 Milliarden Euro für AKW-Abriss und Rückbau gebildet. Dass die Energieversorgungsunternehmen und AKW-Betreiber damit auch tatsächlich Geld für den Rückbau der Atomkraftwerke zurückgelegt haben, ist jedoch ein weitverbreiteter Irrglaube. Denn Rückstellungen sind keine Rücklagen. Vereinfacht ausgedrückt werden in der Bilanz unter der Position Rückstellungen lediglich die Verbindlichkeiten (quasi Vorab-Rechnungen) aufgeführt, die später zu bezahlen sind und deren Höhe in Summe noch nicht endgültig bekannt ist. Im Unterschied zu Rückstellungen sind die Rücklagen echtes Eigenkapital, doch das ist hier nicht gemeint. Die möglichen Folgen führt RWE-Chef Terium nun glasklar vor Augen. Das Geld, dass die Stromversorger für den AKW-Abriss und die Endlagerung benötigen, muss - zwecks Auflösung der Rückstellungen - in Zukunft aus dem laufenden Geschäftsbetrieb irgendwie noch erwirtschaftet werden. Als Alternative bleibt nur der Verkauf bzw. die Liquidation von Kraftwerken oder Beteiligungen, was dem Unternehmen aber die Geschäftsgrundlage entziehen würde.
Quelle: IWR Online
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