04.09.2013, 15:30 Uhr

Reform des Energiemarktes: Warum das Quotenmodell nur eine gut gemeinte Idee ist

Münster – Beim Erneuerbare-Energien-Gesetz gibt es einen Konsens: Es muss sich angesichts der steigenden Stromkosten etwas ändern. Uneinigkeit herrscht jedoch über Art und Ausmaß der anstehenden Reform. Die Monopolkommission wird laut einem Medienbericht am Donnerstag ein komplett neues Marktdesign nach dem Vorbild Schwedens vorschlagen. Tatsächlich birgt das Quotenmodell mehr Schatten als Licht.

Bei Schweden denken die meisten Bundesbürger an Pippi Langstrumpf, Ikea und Köttbullar. Die Monopolkommission, ein Beratergremium der Bundesregierung, hat bei dem skandinavischen Land andere Assoziationen gehabt, wenn man einem Bericht in der aktuellen Ausgabe des „Spiegel“ glauben darf. Sie werden demnach am Donnerstag ein Gutachten zur Energiewende präsentieren, das die Einführung eines Quotenmodells nach schwedischer Art als Alternative zum bestehenden Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) vorschlägt. Vorab gibt es bereits skeptische Reaktionen: „Die Monopolkommission wärmt das Thema auf wie kalten Kaffee“, erklärte Daniel Kluge, Sprecher des Bundesverbandes Erneuerbare Energien (BEE), gegenüber unserer Redaktion.

Die Gutachter empfehlen angeblich, dass die Regierung den Versorgern vorschreibt, ab dem 01. Januar 2015 verpflichtend 27,5 Prozent ihres Energiebedarfs aus Ökostrom zu speisen. Diese Quote soll bis 2020 auf 35 Prozent steigen. Aus welchen regenerativen Quellen der Strom kommt, ist den Unternehmen in einem technologieneutralen Modell selbst überlassen. Damit soll der Wettbewerb zwischen Windkraft, Photovoltaik und Biomasse angeheizt werden. Weitere Details sind bislang nicht bekannt, auch wenn ein paralleler Handel mit Grünstromzertifikaten wahrscheinlich wäre. Das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung hatte ein solches Modell im Auftrag der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft bereits im letzten Jahr vorgeschlagen, mit dem im großen Stil Geld gespart werden soll.

Vorteile fraglich

Tatsächlich ist das Quotenmodell umstritten. Die Befürworter verweisen auf den Wettbewerb, der durch eine solche Lösung entstehen könnte – im Gegensatz zu dem ihrer Meinung nach „planwirtschaftlichen“ Ansatz des EEG in seiner derzeitigen Form. Beim Quotenmodell würden sich die Versorger stets die günstigsten Angebote der Erzeuger herauspicken. Hier ergäbe sich aller Wahrscheinlichkeit nach ein massiver Vorteil für Onshore-Windkraft, deren Gestehungskosten im Vergleich etwa zu Photovoltaik und Offshore-Windenergie geringer sind.

Genau hier setzt ein Kritikpunkt der Quotenmodell-Skeptiker an. Kleine Erzeuger, die bislang rund die Hälfte der regenerativen Kapazität stellen, würden aus dem Markt gedrängt, zudem werde die bisher durch das EEG garantierte Investitionssicherheit abgeschafft. Anfangs teure Perspektivtechnologien würden den Sprung in den Markt gar nicht schaffen. Und: Ob der Wettbewerb wirklich funktioniert, steht auf einem anderen Blatt. Ein Windkraftanlagenbetreiber würde nicht automatisch das günstigste mögliche Angebot abgeben, sondern zunächst die Konkurrenten aus dem Solar- und Biogasbereich mit ihren höheren Gestehungskosten geringfügig unterbieten.

Abschreckendes Beispiel Großbritannien

Als Beispiel für die Fehlentwicklungen des Quotenmarktes gilt Großbritannien: Der Ausbau der Erneuerbaren Energien erfolgt hier vorwiegend einseitig und im großindustriellen Maßstab. Gleichzeitig erreicht das Land nicht die geplanten Ausbauziele, da viele Unternehmen lieber die relativ niedrigen Strafzahlungen in Kauf nehmen. Inzwischen haben die Briten parallel Einspeisevergütungen für Anlagen unter fünf Megawatt eingeführt. Auch in dem Quotenmarkt Italien musste man sich so behelfen, um den Photovoltaik-Ausbau anzuschieben.

Untersuchungen der Beratungsgesellschaft Ernst&Young aus dem Jahr 2011 haben zudem gezeigt, dass feste Einspeisetarife für Erneuerbare Energien in puncto Kosteneffizienz, Anwendbarkeit und Akteursvielfalt nicht nur den klassischen Quotensystemen überlegen sind, sondern auch so genannten Bonus-/Prämiensystemen. Bereits vor einem Jahr herrschte angesichts der wiederholten Forderungen Verwunderung. „Ausgerechnet diejenigen, die am lautesten nach mehr Markt und Wettbewerb rufen, möchten ein System etablieren, dass an Mehrkosten, staatlichen Vorgaben und bürokratischem Aufwand kaum zu übertreffen ist“, stellte BEE-Präsident Dietmar Schütz seinerzeit fest.

Das deutsche Modell wird favorisiert

In Europa hat sich übrigens das deutsche Modell mit festen Einspeisevergütungen durchgesetzt. EU und Internationale Energieagentur gehören ebenfalls zu den Befürwortern. Nur eine Handvoll Länder setzt noch auf Quotenmodelle. Zu beachten ist auch, dass das Vorbild Schweden mit einem Anteil von fast 50 Prozent der Erneuerbaren Energien an der Stromproduktion nur schwer mit dem wesentlich komplexeren Markt in Deutschland zu vergleichen ist. Hier wird übrigens im relativ großen Stil Biomasse in konventionellen Kraftwerken verfeuert, die Produzentenrenten sind hoch. Fraglich bleibt unter Beachtung der anstehenden Bundestagswahl, ob dieses Marktdesign politisch durchsetzbar wäre. Bei allen Diskussionen: Am Donnerstag wissen wir mehr.


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