Reformierung des EU-Emissionshandels kommt einen Schritt weiter
Brüssel – Die Zweifel an der Effektivität des CO2-Emissionshandels als Instrument für den internationalen Klimaschutz sind nicht neu, haben aber zuletzt zusätzlichen Nachdruck verliehen bekommen. Papst Franziskus hatte sich gegen dieses Instrument ausgesprochen. Im europäischen Emissionshandels-System sind Anpassungen schon länger geplant, nun ist die Reform wieder ein Stück weitergekommen.
In seiner Umwelt-Enzyklika "Laudato si" hatte Papst Franziskus Mitte Juni den An- und Verkauf von "Emissionszertifikaten" als nicht dienlich eingestuft. Auch die Branche der Regenerativen Energiewirtschaft in Deutschland ist überwiegend der Auffassung, dass es sich beim Emissionshandel um kein effektives Klimaschutz-Instrument handelt. Zumindest im Europäischen Handelssystem hat das EU-Parlament nun Anpassungen zugestimmt.
Marktstabilitätsreserve soll das EU ETS flexibler machen
Durch die Marktstabilitätsreserve (MSR) soll das EU Emissions Trading System (EU ETS) flexibler gemacht werden. Dadurch können ab dem Startzeitpunkt überflüssige und preisdrückende Zertifikate aus dem Handel genommen und somit die Preise angepasst werden. Mit der Zustimmung des europäischen Parlaments ist nun ein weiterer Schritt für diese Reform getan worden. Unternehmen, die signifikant zum Ausstoß von Treibhausgasemissionen beitragen, müssen in der Europäischen Union für jeden ausgestoßene Tonne CO2 ein Zertifikat erwerben. Dadurch sollen auf kosteneffiziente Weise umweltschonende Technologien gefördert und Anreize zur Einsparung von Emissionen gegeben werden. Doch seit Jahren schon schwirren zu viele Emissionszertifikate in Europa umher, die die Preise drücken. Dadurch verliert das wirtschaftspolitische Instrument seine klimaschützende Wirkung.
"Zentralbank" für CO2-Zertifikate wacht über Angebotsmenge
Mit der neuen MSR soll auch eine Art Zentralbank für Emissionszertifikate in Europa entstehen. Mit Hilfe dieses Instruments können Zertifikate vom Markt genommen oder Zertifikate in den Markt emittiert werden. Dadurch lassen sich die Preise der Zertifikate besser anpassen und die Lenkungsfunktion des Emissionshandels bekommt wieder neue Kraft, so das Kalkül. Doch endgültig beschlossen ist diese Reform noch nicht. Im Februar hat der europäische Umweltausschuss der MSR zugestimmt, doch der europäische Gesetzes- oder Richtlinien-Weg ist lang. Am Mittwoch (08.07.2015) ist man der MSR jedoch wieder einen Schritt näher gekommen.
EU-Umweltministerrat muss der Reform des Emissionshandels noch zustimmen
Nachdem der Umweltausschuss der MSR bereits zugestimmt hatte, musste gestern das Plenum des Europäischen Parlaments sein Vertrauen aussprechen. Das tat es auch und stimmte der Einführung einer Marktstabilitätsreserve ab dem 1. Januar 2019 zu.
Wenn im September zudem die Zustimmung des EU-Umweltministerrates erfolgt, steht der Einführung zum 1. Januar 2019 nichts mehr im Weg.
VKU: Emissionshandel-Reform muss schneller erfolgen
Dazu Hans-Joachim Reck, Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU): „Der Emissionshandel muss dringend reformiert werden. Die Marktstabilitätsreserve ist nach dem Backloading ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg hin zu einem funktionierenden Emissionshandel.“
Deutschland hatte sich für eine Einführung bereits für das Jahr 2017 stark gemacht. Diese Forderung wurde aber durch Einsprüche vieler Industrie- und Kohlestaaten wie etwa Polen nach hinten geschoben, woraufhin man sich auf das Jahr 2019 einigte.
„Dass eine Marktstabilitätsreserve erst 2019 eingeführt werden soll, ist aus Sicht der Energiewirtschaft enttäuschend“, so Reck
Auch die European Wind Energy Association (EWEA) betonte die Notwendigkeit einer Reform des EU ETS. Aus Sicht von Kristian Ruby, Chief Policy Officer des europäischen Windenergieverbands, sollten Maßnahmen, die die schmutzigsten Kraftwerke in Europa stoppen, höchste Priorität bekommen. Dies seien vor allem die Mitgliedsländer in Zentral- und Osteuropa, die sich immer noch stark auf Kohle-Kraftwerke verlassen, so Ruby.
Quelle: IWR Online
© IWR, 2015