11.03.2015, 08:02 Uhr

Studie: Energiekonzerne haben ihre Krise selbst verschuldet

Hamburg – RWE-Chef Peter Terium hat es im Rahmen der Bilanzpresskonferenz des Essener Konzerns am gestrigen Dienstag (10.03.2015) auf den Punkt gebracht: "Die Krise in der konventionellen Stromerzeugung setzt sich fort." Es stellt sich Frage, warum die Energiekonzerne wie RWE, E.ON und Co. in diese Krise geraten sind. Eine neue Studie kommt zu dem Schluss, dass die Stromkonzerne selbst die Schuld tragen.

Der Analyse zufolge liegt die Ursache für die Krise bei RWE, E.ON, Vattenfall und EnBW in gravierenden und anhaltenden Managementfehlern und nicht primär in der Energiewende. Die Professoren Heinz-Josef Bontrup und Ralf-Michael Marquardt von der Westfälischen Hochschule in Recklinghausen haben im Auftrag von Greenpeace eine umfassende Analyse durchgeführt. Die Versorger hätten sich schneller auf die absehbaren Entwicklungen einstellen können und müssen, so das Fazit der Untersuchung.

Management hat Augen vor dem absehbaren neuen Energiemarkt verschlossen

Konventionelle Energieversorger stehen heute aus eigenem Verschulden vor enormen Herausforderungen, so die Studie. Der Atomausstieg, die Energiewende und der zu reformierende Emissionshandel waren länger absehbare Entwicklungen, auf die sich die Versorger hätten einstellen müssen. Doch statt sich am Ausbau der erneuerbaren Energien zu beteiligten, hätten die Unternehmen für eine Laufzeitverlängerung ihrer Atomkraftwerke gekämpft und im Ausland teure und riskante Zukäufe getätigt. "Das Management der großen Versorger hat die Augen zu lange vor dem absehbaren neuen Energiemarkt verschlossen. Jetzt rächt sich das sture Festhalten an einem überkommenen Geschäftsmodell", so Studienautor Heinz-Josef Bontrup.

Aussicht auf wirtschaftliche Besserung können die Autoren nicht erkennen. Der Schuldenstand der Konzerne ist hoch, Kreditratings schlecht, der Wert konventioneller Kraftwerke im Sinken begriffen. Gleichzeitig setzt der steigende Anteil der Erneuerbaren Energien die Konzerne unter Druck. "Diese Schraubzwinge wird für die ehemaligen "Big 4" absehbar nicht lockerer werden, sondern enger", fasst Co-Autor Ralf-Michael Marquardt die Ergebnisse zusammen.

Rückstellungen der Energieversorger in einer öffentlich-rechtlichen Stiftung sichern

Die miserablen Geschäftsaussichten der vier großen Energieversorger bedrohen auch deren finanzielle Verpflichtungen. Die Rückstellungen der Konzerne für die Milliardenkosten des Rückbaus der Atomkraftwerke und die Umweltfolgen des Braunkohletagebaus bestehen zum großen Teil aus dem Wert der konzerneigenen Kraftwerke. Deren Wert sank zuletzt deutlich, was hohe Abschreibungen nötig machte. Entsprechend unsicher drohen die Rückstellungen zu werden. "Die Bundesregierung muss dringend dafür sorgen, dass die Rückstellungen der Energieversorger in einer öffentlich-rechtlichen Stiftung gesichert werden", so Austrup. "Der Steuerzahler soll nicht für die Managementfehler von vormals blendend verdienenden Konzernen aufkommen müssen."

Greenpeace fordert geordneten, schrittweisen Kohleausstieg

Die Energieversorger stehen doppelt unter Druck. Im früheren Kerngeschäft Stromerzeugung und -vertrieb verlieren sie kontinuierlich Marktanteile. Im Zukunftsgeschäft mit den erneuerbaren Energien stehen ihnen neue Konkurrenten gegenüber. Greenpeace-Energieexperte Tobias Austrup fordert: "Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel darf den Stromkonzernen nicht mit weiteren Subventionen wie Kapazitätsmärkten unter die Arme greifen. Die größte Hilfe für den Strommarkt und gleichzeitig für Deutschlands Klimapolitik ist ein geordneter, schrittweiser Kohleausstieg."

Quelle: IWR Online
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