Synthetische Kraftstoffe: Containeranlage am KIT im gekoppelten Betrieb erfolgreich im Einsatz
© KIT / Amadeus Bramsiepe
Stuttgart / Karlsruhe - Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und das KIT Spin-off Ineratec arbeiten gemeinsam an der Skalierung der Produktion von synthetischen Kraftstoffen. Eine neue Anlage in Containerbauweise soll die Basis für den Einstieg in die Serienproduktion sein.
Der Einsatz synthetischer Kraftstoffe könnte zukünftig Treibhausgasemissionen von Flugreisen und Schwertransporten minimieren. Mit einer Power-to-Liquid Anlage (PtL-Anlage) von Ineratec, die das KIT gemeinsam mit dem Spin-off am Energy Lab 2.0 betreibt, ist ein wichtiger Meilenstein erreicht. Die modulare Anlage ist in einem Container untergebracht und soll nun von Ineratec in Serie gefertigt werden.
PtL-Anlage mit neuem Reaktordesign kombiniert erstmal Synthesegas- und Kraftstoffherstellung
Die in Containerbauweise aufgebaute Power-to-Liquid-Anlage von KIT und Ineratec steht auf dem Gelände des Energy Lab 2.0 am Campus Nord des KIT. Sie produziert aus Kohlendioxid (CO2) und erneuerbarem Wasserstoff (H2) ein synthetisches Kraftstoffgemisch. In einem weiteren Verfahrensschritt kann dieses auch als SynCrude bezeichnete Gemisch zu synthetischem Kerosin, Diesel und Benzin weiterverarbeitet werden. Für die Herstellung des Kraftstoffgemisches sind zwei Reaktorstufen notwendig, die in der Anlage zum ersten Mal gekoppelt, mit einem verbesserten Design und in einem für die Technologieentwicklung relevantem Maßstab betrieben werden. Pro Tag können nach Angaben von Professor Roland Dittmeyer vom Institut für Mikroverfahrenstechnik des KIT mit der Anlage bis zu 200 Liter Kraftstoff erzeugt werden.
„Das ist der letzte Ausbauschritt auf dem Weg zu einem industriellen Einsatz. Anlagen dieser Bauweise werden weltweit dazu beitragen, den Transportsektor und die chemische Industrie mit E-Fuels sowie E-Chemicals nachhaltiger zu gestalten“, so Prof. Dittmeyer über das Potenzial der Entwicklung.
Verbesserter RWGS-Reaktor ermöglicht effizientere Synthesegas-Erzeugung
Im ersten Verfahrensschritt wird durch eine sog. Rückwärtige Wassergas-Shift-Reaktion (RWGS) aus CO2 und H2 zunächst das das Synthesegas erzeugt, das hauptsächlich aus Kohlenstoffmonoxid (CO) und H2 besteht. Der RWGS-Reaktor ist aus mikrostrukturierten Platten aufgebaut, die einen flexiblen Betrieb der Anlage ermöglichen und für mehr Leistungsfähigkeit sorgen. Das neue Design dieser Platten wurde nun im gekoppelten Betrieb erfolgreich demonstriert. „Mit dem optimierten RWGS-Reaktor lassen sich die Reaktionen jetzt noch präziser steuern, und so konnten wir den Prozess signifikant verbessern“, sagt Dr. Tim Böltken, einer der Geschäftsführer von Ineratec. Jede Stunde könne bis zu drei Kilogramm Wasserstoff aus Elektrolyseuren verarbeitet werden. „Das entspricht einer Anschlussleistung von 125 Kilowatt, und das setzt weltweit Maßstäbe“, so Böltken. In der zweiten Reaktorstufe werden dann über eine über eine sog. Fischer-Tropsch-Synthese (FT-Synthese) aus dem Synthesegas die langkettigen Kohlenwasserstoffe des SynCrudes, die wiederum zu synthetischem Kerosin, Diesel oder Benzin weiterverarbeitet werden können.
Serienproduktion als nächster Meilenstein
Die Demonstration der RWGS Reaktor-Technologie von Ineratec auf dieser Skalierungsstufe stellt nach Angaben von KIT und Ineratec den letzten wichtigen Schritt in einem universitären Forschungsumfeld dar. Über die weitere Skalierung, Standardisierung und Vervielfältigung will Ineratec die Power-to-X-Technologie danach schnell und kostengünstig mit einer Serienproduktion bereitstellen können. Über das Projekt Impower2X wird das Spin-off des KIT von der Europäischen Union mit 2,5 Millionen Euro gefördert.
Weiteres KIT-Projekt liefert vielversprechende Power-to-X-Ergebnisse
Bereits 2019 wurde in der ersten Förderphase des Kopernikus-Projekts P2X die weltweit erste vollintegrierte Anlage zur Produktion von „Sprit aus Luft und grünem Strom“ am KIT in Betrieb genommen. Die Anlage produzierte täglich ungefähr zehn Liter synthetische Kraftstoffe und kombinierte die CO2-Abscheidung aus der Luft, eine Hochtemperaturelektrolyse zur Synthesegaserzeugung, die FT-Synthese sowie die Produktaufbereitung zum fertigen Kraftstoff. Aktuell, in der zweiten Förderphase von P2X, wird diese Prozesskette in der Skalierung von 250 Kilowatt im Energy Lab 2.0 aufgebaut und soll dann ab 2022 etwa 200 bis 300 Liter Kraftstoff pro Tag direkt aus dem CO2 der Luft erzeugen.
Quelle: IWR Online
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