Umgang mit kritischen Netzsituationen: Fraunhofer IEE koordiniert Analysen zum Steuern und Dimmen per Smart Meter
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Freiburg - Mit dem Ziel, eine sichere und zügige Integration in das Stromnetz zu gewährleisten, kann die BNetzA den Betrieb von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen wie Wärmepumpen und privaten Wallboxen seit Januar 2024 einschränken, wenn eine Überlastung des Stromnetzes droht. In einem neuen Verbundprojekt werden die Herausforderungen bei der Umsetzung in der Praxis untersucht.
Netzbetreiber dürfen den Anschluss von neuen Wärmepumpen oder privaten Ladeeinrichtungen für E-Autos nicht mehr mit Verweis auf eine mögliche lokale Überlastung des Netzes ablehnen oder verzögern. Im Gegenzug haben Netzbetreiber nach dem neuen 14a EnWG in kritischen Netzsituationen die Möglichkeit, regelbare Anlagen wie Wärmepumpen oder Wallboxen anzusteuern und ihren Strombezug temporär herunterzuregeln. Für die Praxis ergeben sich noch eine Reihe von Fragestellungen, die in dem Forschungsprojekt Utilispaces untersucht werden.
Gerätevielfalt und Flexibilität bieten Möglichkeit zur umfangreichen Erprobung von Prozessen
Bei einer drohenden Überlastung des Stromnetzes können Netzbetreiber nach dem neuen §14a EnWG regelbare Anlagen wie Wärmepumpen oder Wallboxen ansteuern. Die dafür vorgesehene Kommunikation läuft über den sogenannten Controllable Local System (CLS)-Kanal des Smart Meter Gateways. Wie diese Regelungen IT-seitig mit einer zuverlässigen Prozesskette in der Praxis umgesetzt werden können, wird in dem durch das Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (Fraunhofer IEE) koordinierten Verbundprojekt Utilispaces erforscht. Dabei testet die Projektgruppe sowohl unterschiedliche Kombinationen von Hardware- und Softwarelösungen als auch organisatorische Konstellationen, etwa beim Messstellenbetrieb.
Die Laborerprobung findet im Digital Grid Lab des Fraunhofer ISE statt, wo verschiedene Anwendungsfälle zur Anlagensteuerung simuliert werden können. Dafür wird ein Teststand mit Smart Meter Gateways, Steuerboxen und Submetern unterschiedlicher Hersteller aufgebaut. Die Projektpartner bringen ihre CLS-Managementsysteme ein und stellen als aktive externe Marktteilnehmer (aEMT) Zugriffsmöglichkeiten zur Verfügung. Die steuerbaren Verbraucher wie Ladesäulen werden zum Teil als reale Anlagen und zum Teil als digitale Zwillinge über das leistungsfähige Power-Hardware-in-the-Loop-System des Grid Lab eingebunden.
„Gerade die Gerätevielfalt und die Flexibilität, verschiedene Betreiberrollen im Projekt einnehmen zu können, eröffnen die Möglichkeit, regulatorische Vorgaben und damit verbundene Prozesse umfangreich zu erproben. Diese Herausforderungen haben aktuell alle Netzbetreiber in Deutschland. Wir arbeiten hier an einer Kernaufgabe für den zukünftigen Netzbetrieb“, erläutert Marco Mittelsdorf, verantwortlich für die Laborerprobung am Fraunhofer ISE.
Virtual Lab am Fraunhofer IEE ermöglicht Simulierung von Prozessen mit verschiedensten Konstellationen
Das Fraunhofer IEE baut ergänzend eine virtuelle Laborumgebung auf, um Skalierungsfragen zu testen. In diesem Virtual Lab sollen die Prozesse mit einer großen Zahl von emulierten Smart Meter Gateways und flexiblen Energieanlagen simuliert werden. Anschließend stehen praktische Feldtests bei Anlagen aller Projektpartner auf der Agenda.
Weitere Projektinhalte betreffen den praktischen Umgang mit Anlagen bei Schalthandlungen von Netzbetreibern oder Energieservice-Anbietern, die von wettbewerblichen Messstellenbetreibern verwaltet werden. Auch zusätzliche Nutzungen des CLS-Kanals zum Submetering sollen im Projekt demonstriert und weiterentwickelt werden. Für die erfassten Daten sollen dann auch unternehmensübergreifende Nutzungskonzepte entwickelt und Datenraumtechnologien erprobt werden.
Industriepartner des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projektes sind die Energienetze Mittelrhein GmbH & Co.KG (enm), die MVV Energie AG, die ZENNER Connect GmbH und die Enisyst GmbH.
Quelle: IWR Online
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