Nach der Bundestagswahl: Was passiert jetzt mit der Energiewende?
Münster – Union über 40 Prozent, FDP raus, Grüne geschrumpft: Die Bundestagswahl wartete mit einigen Überraschungen auf. Aber was bedeutet das Ergebnis für die Energiewende?
Der sonntägliche Wahlabend sorgte für große Überraschungen. Wie sie letztlich ausfielen, hatten aber nur die wenigsten Beobachter erwartet. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis kommt die Union auf 41,5 Prozent der Stimmen und schrammt damit knapp an der absoluten Mehrheit vorbei. Bundeskanzlerin Angela Merkel muss sich nun einen neuen Koalitionspartner suchen, denn die EEG-Gegner von der FDP sind mit einem Paukenschlag an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert.
Dafür kommen nur die leicht verbesserte SPD (25,7 Prozent) und vielleicht noch die Grünen (8,4 Prozent), denen in den letzten Wochen die Puste ausging, in Frage. Eine Zusammenarbeit mit der Linken (8,6 Prozent) als vierter Partei im Bundestag ist ausgeschlossen. Gleiches gilt auf der anderen Seite für einem rot-rot-grünen Versuch.
Branchenfavorit Schwarz-Grün nicht in Reichweite
Wenn es um die Umsetzung der Energiewende geht, hat eine klare Mehrheit der Branchenvertreter in einer vom Internationalen Wirtschaftsforum Regenerative Energien (IWR) im Juli durchgeführten, nicht repräsentativen Umfrage, unter den Teilnehmern des Unternehmensnetzwerks eine Schwarz-Grüne-Koalition mit deutlichem Abstand favorisiert. Angesichts der überschaubaren inhaltlichen Gemeinsamkeiten und Unions-Angriffen in der Pädophilie-Debatte sind die Chancen für eine Zusammenarbeit nicht die besten – ausgeschlossen sind sie aber nicht. Nach acht Jahren Opposition werden die Grünen sicherlich zu Zugeständnissen bereit sein, aber bei Themen wie der Steuerpolitik und der Energiewende sind die Gräben groß. Spitzenkandidat Jürgen Trittin und die Parteigrande Renate Künast erklärte bereits, dass sie hier keine Grundlage sähen.
Derzeit scheint die Große Koalition die wahrscheinlichste Option. Bei den Teilnehmern des Firmennetzwerks landete sie mit 11,4 Prozent auf dem vorletzten Platz. Hier müssten etwa in der Steuer- und Wirtschaftspolitik Klippen umschifft werden. Dass Parteichefin Merkel hier durchaus flexibel ist, hat sie in der Vergangenheit bei Themen wie Atomausstieg und Wehrpflicht bewiesen. Anders als zur Zeit der Großen Koalition 2005 - 2009, als die Länderkammer schwarz-gelb dominiert war, haben sich derzeit die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat zu Gunsten von rot-grün verschoben.
Große Herausforderung für Große Koalition
Welche Auswirkungen würde ein solches Bündnis auf die Energiepolitik haben? Beiden Partnern ist das Projekt nicht wirklich eine Herzensangelegenheit, aber die steigenden Belastungen durch die nächste Erhöhung der EEG-Umlage, die als sicher gilt, wird das Thema schnell auf den Tisch bringen. Grundsätzlich wollen die potenziellen Partner den Ausbau der Erneuerbaren Energien weiter vorantreiben. Bis 2020 soll deren Anteil auf 35 (Union) bzw. 40 (SPD) Prozent steigen. Zudem soll der Wildwuchs bei den stark zunehmenden EEG-Ausnahmen für die Industrie vorsichtig beschnitten werden.
Einen Dissens gibt es bei der SPD-Forderung zu einer Absenkung der Stromsteuer, die die Bürger um 1,6 Mrd. Euro entlasten soll. Hier pocht die Union auf der Haushaltskonsolidierung. Sonst beziehen sich die Vorschläge allenfalls auf kleine Stellschrauben im bestehenden System. Auch die von Umweltminister Peter Altmaier (CDU) entworfene „Strompreisbremse“, die im Bundesrat gescheitert war, könnte ein Revival feiern. In der Länderkammer ist eine eigene Mehrheit jedoch nicht gesichert.
Fest steht: Die notwendige große Reform des EEG wird die Partner zu einem wahrscheinlich späteren Zeitpunkt mehr fordern.
© IWR, 2013