05.03.2015, 07:59 Uhr

Windenergie in Bayern: SPD, Freie Wähler und Grüne klagen gemeinsam gegen 10H

München – In Bayern weht ein heftiger Gegenwind gegen die Energiepolitik der CSU-Regierung. Alle drei Oppositions-Parteien im Bayerischen Landtag klagen gemeinsam gegen die restriktiven Abstandsregelungen für Windenergieanlagen, die der Freistaat im November letzten Jahres verabschiedet hatte.

Die Landtagsfraktionen von SPD (42 Sitze im Bayerischen Landtag), Freie Wähler (19 Sitze) und Bündnis90/Die Grünen (18 Sitze) haben ihre Klage beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof gegen das 10H-Gesetz der Staatsregierung vorgestellt. Sie gehen davon aus, dass diese Regelung faktisch den Bau neuer Windkraftanlagen in Bayern unmöglich macht und gegen die bayerische Verfassung verstößt.

Klage gegen 10H soll noch in dieser Woche eingereicht werden

Die CSU-Landesregierung hat das Gesetz mit ihrer Mehrheit im Landtag (101 Sitze) im vergangenen Jahr durchgesetzt, nachdem auf Bundesebene das Baurecht entsprechend angepasst worden war. Nun haben die Landtagsfraktionen von SPD, Freie Wähler und Bündnis 90/Die Grünen ihre Klagen gegen das 10H-Gesetz vorgestellt. Die Gemeinschaftsklage soll noch in dieser Woche beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof eingereicht werden.

SPD: CSU bringt dezentrale Energiepolitik zum Erliegen

Die drei Fraktionen sind sich einig, dass das Gesetz gegen die bayerische Verfassung verstößt. Die energiepolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Natascha Kohnen, warf der Staatsregierung vor, durch ihre Blockadepolitik die dezentrale Energiepolitik zum Erliegen zu bringen. Kohnen: „Regionale Energieerzeugung ist die Grundlage für eine gelingende Energiewende. Die Windkraft hat dabei in Bayern das größte Ausbaupotential. Wer die Windkraft blockiert, gefährdet die Energiewende und macht Bayern abhängig von anderen, vergeudet Zeit und gefährdet Arbeitsplätze. Die Energiewirtschaft weicht bereits in andere Bundesländer aus. Wirtschaftlicher Sachverstand sieht anders aus, Herr Seehofer!“

Freie Wähler pochen auf kommunale Selbstverwaltung

Thorsten Glauber, energiepolitischer Sprecher der Fraktion der Freien Wähler, betonte, dass neben dem großen Schaden für die Energiewende die bayerischen Kommunen die Hauptleidtragenden der 10H-Regelung seien: „Die kommunale Selbstverwaltung wird faktisch abgeschafft. Was kommt als nächstes? Ein Veto-Recht der Nachbarkommunen beim Maibaum-Aufstellen? Wir sagen: Wehret den Anfängen! Eine Kommune muss weiterhin die Planungshoheit auf ihrem Gemeindegebiet haben. Die Kommunen haben ihre Hausaufgaben gemacht. Die neue Regelung verursacht für sie horrende Kosten und stiftet Unfrieden.“

Grüne: Bayern nutzt Chancen der erneuerbaren Energien nicht

Der Fraktionssprecher für Energie und Klima von Bündnis90/Die Grünen, Michael Stümpfig, erklärte: „Die CSU-Regierung verstößt gegen den Gesellschaftsvertrag der Energiewende, wenn sie dafür sorgt, dass Bayern die Chancen der Erneuerbaren Energien nicht nutzen kann. Für Seehofer besteht die Energiewende aus dem Bau neuer Gaskraftwerke und bedeutet mehr Abhängigkeit, mehr Unsicherheit und kein Klimaschutz. Für uns Grüne bedeutet die Energiewende dagegen saubere und sichere Energie, bürgerfreundlicher Windenergieausbau und Rechtssicherheit für die Kommunen.“

Juristen: Bayern hat mit 10H Kompetenzen überschritten

Unterstützt werden die Oppositionsfraktionen bei ihrer Gemeinschaftsklage von Dr. Michael Bihler, Anwalt für Öffentliches Recht und Recht der Erneuerbaren Energien sowie dem Verfassungsrechtler Prof. Dr. Josef Franz Lindner. Lindner sagte: „Mit 10H hat der bayerische Gesetzgeber eindeutig seine Kompetenzen überschritten. Die Regelung ist willkürlich, unverhältnismäßig und zudem durch einen Gesetzgebungsprozess zustande gekommen, bei dem die Rechte der Opposition missachtet wurden.“

Bihler betonte: „Wegen des politischen Willens, die Windkraft in Bayern nicht mehr zu fördern, hat sich der bayerische Gesetzgeber Kompetenzen angemaßt, die nur dem Bund zustehen. Der Bund hat zwar Abstandsregelungen zugelassen, nicht aber die Befugnis gegeben, das Bauleitplanungsrecht neu zu schreiben. Die Regelungen im Abstandsgesetz sind weder mit Bundesrecht noch mit der Bayerischen Verfassung vereinbar und deshalb nichtig.“

Quelle: IWR Online
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