16.07.2015, 16:58 Uhr

Emissionshandels-Vorschlag der EU-Kommission: Hendricks lobt, Industrie jammert

Berlin – Die EU-Kommission hat einen Vorschlag für eine Strukturreform des europäischen Emissionshandels gemacht. Demnach sollen unter anderem die CO2 Zertifikate verknappt werden. Einige sehen dies als richtigen Schritt für mehr Klimaschutz, andere sehen eine Gefahr für die Industrie.

Bis 2030 soll der Treibhausgasausstoß in der EU um mindestens 40 Prozent gegenüber 1990 gesenkt werden. Der Emissionshandel soll für die Erreichung dieses Ziels eine wichtige Rolle spielen, wird aber in der aktuellen Form von vielen Experten als ineffektiv kritisiert. Die EU-Kommission hat daher ihre Reformvorstellungen skizziert.

Emissionshandel bislang nicht effektiv

Grund für die Reform des Emissionshandels war ein starker Verfall des Preises für CO2-Zertifikate, ausgelöst durch ein starkes Zertifikate-Überangebot am Markt. Deshalb soll das Angebot nun verringert werden. Um das zu erreichen, hatten sich die Mitgliedstaaten und das EU-Parlament bereits in einem ersten Schritt auf die sogenannte Marktstabilitätsreserve geeinigt. Damit sollen Zertifikate aus dem Handel genommen werden können. Zusätzlich soll von 2020 bis 2030 die Gesamtmenge der CO2-Zertifikate pro Jahr um 2,2 Prozent verringert werden. Vorher war eine Kürzung von jährlich 1,74 Prozent in diesem Zeitraum geplant. Mit der Verknappung der Zertifikate soll der Preis wieder steigen und so den Klimaschutz stärker vorantreiben.

Um dabei die Unternehmen zu schützen, die im internationalen Wettbewerb stehen und dem sogenannten „Carbon Leakage“ vorzubeugen, sind auch Ausnahme-Regelungen in den neuen Vorschlag integriert. So sollen diese Unternehmen weiterhin kostenlose Zertifikate erhalten, um nicht aus dem europäischen Markt verdrängt zu werden. Mit dem Begriff Carbon Leakage ist das Abwandern von Firmen außerhalb der EU gemeint, um der Teilnahme am EU-Emissionshandel zu entgehen.

Bundesumweltministerin und bne begrüßen neuen Vorschlag

Lob für den Vorschlag kam von der Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD): "Der Vorschlag ist eine gute Basis für die Verhandlungen. Wir gehen damit einen weiteren wichtigen Schritt hin zur Wiederbelebung des Emissionshandels und zu verlässlichen Rahmenbedingungen für langfristigen Klimaschutz." Gleichzeitig mahnt Hendricks zu einem schnellen Ergebnis, um der Industrie Sicherheit für Investitionen zu geben. "Wir brauchen jetzt zügige Verhandlungen. Denn die Unternehmen brauchen frühzeitig Planungssicherheit, damit sie die richtigen Investitionsentscheidungen treffen können und wir unsere Klimaziele effizient erreichen,“ erklärte die Umweltministerin.

Der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) hat sich positiv zu dem neuen Vorschlag geäußert. Dabei wurde auch betont, dass der bne bereits ähnliche Ideen für den Energiemarkt hatte. „Viele Punkte, die vorgeschlagen wurden, entsprechen auch vom bne formulierten Forderungen, etwa die Harmonisierung von Marktregeln auf den Energiemärkten, der verstärkte grenzüberschreitende Netzausbau und die Intensivierung der regionalen Kooperation, wie sie im Pentalateralen Forum bereits stattfindet“, so Robert Busch, Geschäftsführer des bne. Die EU-Kommission habe insgesamt „ein starkes Signal für einen wettbewerblichen und vernetzten europäischen Energiemarkt“ ausgesandt, erklärte Busch.

Industrie zückt die Arbeitsplatz-Karte

Vom Bundesverband für Deutsche Industrie (BDI) kamen weniger erfreute Worte. Der BDI sieht eine zu starke Belastung für die Industrie, die das Wachstum abschwächen könnte. "Europa muss beim Klimaschutz die Balance finden zwischen ambitionierten Zielen und einer auch in Zukunft starken Industrie für mehr Wachstum und Beschäftigung. Der CO2-Preis wird durch die ab 2020 viel schärferen Minderungsvorgaben steigen, was die Wirtschaft zusätzlich belastet. Die EU-Kommission muss Gegenmaßnahmen für die Wettbewerbsfähigkeit ergreifen", kritisiert Holger Lösch, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des BDI. Außerdem seien durch die neuen Regelungen Arbeitsplätze in Europa gefährdet. "Der Vorschlag der Kommission vernachlässigt den Schutz der betroffenen Unternehmen vor Verlagerungen von Produktion und Arbeitsplätzen", so Lösch weiter. "Es ist wachstumsfeindlich, ausgerechnet die CO2-effizientesten Anlagen weiter einseitig zusätzlich zu belasten." Das entstehe durch Abschläge bei der Zuteilung, weil ein Korrekturfaktor angewendet werde, zusätzlich zu den sehr anspruchsvollen Benchmarks.

Quelle: IWR Online

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