10.11.2022, 10:55 Uhr

Eon-Analyse: Deutschland beim Wasserstoff-Hochlauf nicht gut vorbereitet


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Essen - Der Energieversorger Eon analysiert die Entwicklung der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland und zeigt sich besorgt. Denn Deutschland ist nicht ausreichend vorbereitet auf den Hochlauf der Wasserstoff-Wirtschaft, so das aktuelle Eon-Ergebnis auf der Basis von Daten des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln (EWI).

Mit Blick auf das Jahr 2030 stellt sich derzeit heraus, dass weder die inländische Erzeugungskapazität von grünem Wasserstoff ausreicht, noch der deutsche Importbedarf gedeckt werden kann. Außerdem mangelt es an der Infrastruktur, um Wasserstoff zu den Kunden zu bringen, so das aktuelle Zwischenfazit von Eon.

Aufbau der nationalen Wasserstoffproduktion zu langsam

Unter Berücksichtigung der geplanten Wasserstoff-Projekte braucht es laut Eon bis 2030 eine Elektrolysekapazität mit einer Leistung von 5,6 GW (5.600 MW). Das wäre etwas mehr als die Hälfte der nationalen Erzeugungskapazität von 10 GW, die laut Bundesregierung bis 2030 erreicht werden soll.

Wenn der Aufbau von nationaler Wasserstoffproduktion nicht schneller voranschreitet, erhöht sich der vorhandene Importbedarf noch weiter. Auch hier zeigt die H2-Bilanz eine große Lücke: Ausgehend von der Dena-Leitstudie, die einen Wasserstoffbedarf von 66 Terawattstunden (66 Mrd. kWh) bis 2030 zugrunde legt, beträgt die Importlücke Stand heute 50,5 Terawattstunden.

Deutlich optimistischer als Eon ist der Deutsche Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband. Nach einer Umfrage unter den Herstellern ist danach bis 2030 eine Elektrolysekapazität von 30 GW in Deutschland möglich und realisierbar.

Wasserstoff-Infrastruktur und klare Definition von grünem Wasserstoff fehlen

Darüber hinaus fehlt laut Eon derzeit noch die Infrastruktur, um den Wasserstoff von den Grenzen des Landes – insbesondere den Häfen – bis zu den Kunden zu transportieren, die für ihre Umstellung auf grüne Technologien darauf angewiesen sind. Es gibt aktuell erst 417 Kilometer Wasserstoff-Netze – das sind weniger als 0,1 Prozent des deutschen Gasnetzes.

Zwar ist das aktuelle Wasserstoff-Netz in Deutschland tatsächlich noch klein, doch zeichnet sich hier bereits zeitnah ein Wandel ab. Der Fernleitungsnetzbetreiber Thyssengas beispielsweise betreibt derzeit ein 4.400 Kilometer langes Fernleitungsnetz, über das überwiegend noch Erdgas transportiert wird. Mit dem Aufbau eines „Thyssengas-H2-Startnetzes“ mit einer Länge von 800 km auf der Grundlage des bisherigen Erdgasnetzes wird sich das jedoch schon bald ändern.

Keine klare Definition von grünem Wasserstoff

Eon Vorstand Patrick Lammers: „Wir brauchen einen Markt für grünen Wasserstoff – für eine nachhaltige Dekarbonisierung, aber auch für die Diversifizierung von Energiequellen. Unsere Wettbewerbsfähigkeit und das Gelingen des Wasserstoff-Hochlaufs sind davon abhängig, ob nun zügig die richtigen Weichen in Politik und Regulierung gestellt werden." In diesem Zusammenhang weist Eon darauf hin, dass es auf EU-Ebene noch keine Definition von grünem Wasserstoff gibt. Das hemme Investitionsentscheidungen, weil Anlagenbetreiber nicht wissen, ob ihre heutige Planung die Kriterien erfüllen wird, so die Eon-Kritik.

Quelle: IWR Online

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